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Irrlichter, wandelnde Lichter, Lindwürme, Hunde, Katzen und sonstige spukende Thiere.

Die Schilderung des eigenthümlichen Wesens jeder dieser mythischen Gestaltungen würde zu einer Abhandlung anschwellen, dasselbe erhellt aus den örtlichen Sagen selbst, nur die Hauptzüge sollen hier festgestellt werden.

Der wilde Jäger ist dieselbe altgermanische Gottheit, die im deutschen Norden wie im Süden als Wode, Wuthan, und unter einer Menge anderer Einzelnamen, wie Abel, Elbel, Bernd, Bernddietrich, Hackelbernd u. s. w. auftritt, mit oder ohne Frau, mit oder ohne Hunde, mit oder ohne sonstiges Gefolge. Er straft sehr hart die, welche ihn durch Anruf höhnen, zeigt sich selten gütig, und rechtfertigt seinen Namen durch stete Wildheit und unbegrenzte Jagdwuth.

Die wilde Bertha ist eine mythische Doppelerscheinung, sie ist theils Gesellin, Genossin, Frau des wilden Jägers, theils selbstständige Herrscherin, und in beiden mit der Hulda ganz ein und dasselbe Wesen. Sie heißt auch Bildabertha, Hildabertha (hier klingt die Hulda an) eiserne Bertha, Perchta und Prechta. Der letztere Name lebt als Prechtl in Tirol, wo sie Herrin der seligen Fräulein (Saligen) und Spinnefrau ist, ganz wie die thüringische Hulda. Ihr Gefolge bilden die Heimchen, ein zartes, schwaches Geschlecht, Seelchen (an die Seligen anklingend) ungetaufter Kinder, die niemals schreckhaft oder schadenfroh auftreten, gleich den Hullenpöpeln, und die Bertha, welche im nahen Orlagau Prechta heißt, ist ihre Königin. Manchen verwandtschaftlichen Zug haben die Heimchen zu dem Geschlechte der

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/58&oldid=- (Version vom 1.8.2018)