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Erdmännchen. Sie heißen daher auch Erdmännele, Heimele, Butzelmännele, und werden als äußerst klein von Gestalt gedacht. Sie bringen den Menschen gute Gaben dar, tanzen in großen Schaaren auf Wiesen, lassen sich bisweilen in Abendstunden und im Mondschein sehen, sie sind weiß gekleidet, und ähneln sonach den Licht-Elfen skandinavischer und britannischer Mythen. Die Holzweibel und Holzmännel sind von den Heimchen verschieden, die Sagen von ihnen sind im Voigtlande allgemein verbreitet; früher war es auch der Glaube an sie, und noch jetzt versichert mancher Alte, selbst noch solche kleine Wesen gesehen zu haben. Ihre Aufenthalte waren die größeren Waldungen. Man beschrieb ihr Ansehen so, wie man anderwärts die Kobolde, Hüthchen, Elfen und Trollen schildert, doch stimmen sie mit keinem dieser dämonischen Wesen in ihrem eignen ganz überein. Minder geistig wie Elfen, minder bösartig wie Trollen, minder neckisch wie Hüthchen, hatten sie Freuden und Leiden, welche jene Elementargeister nicht kannten, und der Leiden mehr, wie der Freuden. Sie haben einen mächtigen Feind, das ist der wilde Jäger. Der jagt sie und hetzt sie, und nur gewisse Baumstämme gewähren ihnen vor diesem Feinde Asyle, Stämme, in welche beim fällen, während der abgesägte Baum schallend stürzte, schnell von 2 Leuten 3 Kreuze eingehauen wurden. Darum baten sie oft kläglich die Leute, welche Stöcke rodeten, solche bezeichnete Stammreste nicht heraus zu thun. Von den Hirten bettelten sie Brod, segneten aber dafür die Kühe, daß sie mehr Milch gaben; in den Häusern nahmen sie gern mit Brod und Klösen vorlieb, waren aber hülfreich dafür, bisweilen stahlen sie auch was Weniges. Aber was gezählt

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/59&oldid=- (Version vom 1.8.2018)