Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Zweiter Band.pdf/60

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

war, mußten sie unberührt lassen, ein guter Grund, Ordnung im Hauswesen zu halten. Den Hirtenmädchen halfen sie stricken, oder begabten sie außerdem. So erhielt ein Mädchen, das einem Holzweibel auf sein Bitten Brod darreichte, ein Knaul Garn mit der Weisung, dieses in ihre Lade zu legen, und den Faden zum Schlüsselloch heraushängen zu lassen. Sie thats und das Garn nahm nicht ab, so viel sie davon abwickelte. Sie hätte Garn genug gehabt ihr Lebelang; aber da kam eine Freundin zu ihr, und sah nun das viele, viele Garn, das jene bereits abgewickelt hatte, und unbesonnen vertraute die Hirtin der Freundin das Geheimniß ihrer Garnquelle. Diese wünscht sich auch etwas abzuwickeln, und die Besitzerin giebt es unbedacht zu; kaum hat aber die Freundin angefangen zu wickeln, so hat sie das Ende des Knauls in Händen und der Garnschatz war damit auch zu Ende. Ein Holzhauer erhielt auf eine ähnliche Gabe die Versicherung, er werde immer genug haben, und so geschah es auch. Wer mild war gegen die Holzweibel, dem schützten sie Tag und Nacht sein Arbeitsgeräth vor diebischen Händen. Schmerz litten sie ungern. Eine Frau traf eines beim Heurechen mit der Zinke auf die Ferse, da schrie es überlaut und that sehr garstig. Die Holzweibel sangen bisweilen in stillen Mittags- oder Mitternachtstunden gar lieblich, dieß thun auch nach Tiroler Sagen die Saligen, doch unterschied Niemand ihres Gesanges Worte. Von den Holzmänneln sah man selten eines, viele Leute wollen gar nichts von ihnen wissen. Die Kleidung dieser sei grün gewesen mit rothen Aufschlägen, sie hätten dreieckige schwarze Hütchen getragen, die breit und niedrig gewesen. In späterer Zeit rodete

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/60&oldid=- (Version vom 1.8.2018)