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Ich und mein Bruder hütheten an der Elster unsers Vaters Vieh. Auf einmal entsteigt aus den Wellen der Elster ein weibliches Wesen, nähert sich dem Ufer, breitet mit ungeheurer Geschwindigkeit eine Menge feine Wäsche daselbst aus und verschwindet damit in kurzer Zeit wieder. Wir näherten uns diesem Platze und sahen zu unserm Erstaunen, wie dieses Wesen dasselbe weiter unten ebenfalls that, was es früher oberhalb des jetzigen Wäschplatzes gethan hatte. Neugierig versuchten wir dieses Wesen näher zu betrachten; indeß, auf einmal fängt sie an gewaltig mit den Händen zu klatschen, rafft ihre Wäsche schnell zusammen und verschwindet in den Fluthen der Elster. Entsetzliche Furcht und schnelle Flucht folgte dem Geschehenen. Nachdem wir das Abentheuer unserm Vater erzählt hatten, antwortete dieser ganz geheimnißvoll: „Das war die schöne Nixe. Hüthet euch vor ihr, ihr Jungen, und seid froh, daß ihr so weggekommen seid.“ –




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Die lederne Brücke.

Vor Zeiten lag vor der Stadt Elsterberg, welche ihren Namen dem Flusse dankt, der an ihr vorüber fließt, am Fuße der sogenannten Weßnitz, auf einem steilen Hügel ein Schloß, genannt das alte Haus oder die Elsterburg, und dann wurde späterhin ein zweites Schloß, das jetzt noch vorhanden ist, erbaut. Beide Schlösser verband eine lederne Brücke, so geht in Elsterberg die allgemeine Sage, wie fabelhaft dieß klingen möge. Auch durch unterirdische Gänge standen beide Burgen in Verbindung


Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/75&oldid=- (Version vom 1.8.2018)