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erzählt, der hie und da auf dem Schlosse sein Wesen treibe. Ein alter Hofknecht hatte stets die besten und fettesten Pferde, und gab ihnen doch nicht mehr Futter, als die andern Pferde erhielten. Wenn er nun befragt wurde, wie das komme, daß seine Pferde so wohl genährt seien, so lächelte er geheimnißvoll und antwortete: Der Gupel hilft mir beim Füttern.




218.
Kobold in Waltersdorf.

Auf dem Rittergute Waltersdorf, ohnweit Berga, haußte auch ein Kobold. Dieser trieb sich des Nachts in den Ställen umher, drangsalirte das Gesinde, führte die Pferde in andere Stände, putzte und fütterte sie aber auch, wenn die Knechte faul und lässig waren, zerbrach den Mägden in den Kuhställen die Milchgefäße, und schabernackte sie auf alle Art. Einmal lag eine Magd müssig und lässig auf der Bank; da faßte sie der Kobold bei den Haaren und raufte sie, daß sie nicht anders glaubte, er werde sie von der Bank ziehen. Dann ging er zur Thüre hinaus. Wenn die Mägde den Knechten ihr Herzeleid klagten, das ihnen der Kobold anthat, so erhielten sie gewöhnlich zur Antwort: Warum gebt ihr ihm nichts? Uns thut er nichts. – Ein Knecht, Namens Salzbrenner, diente auf dem Waltersdorfer Hofe, und ging gerne zur Nacht auf unrechten Wegen. Einstmals kehrte er um Mitternacht erst heim und stieg über die Gartenplanke, um in den Hof zu kommen, weil das äußere Thor schon verschlossen war. Da fuhr der Kobold quer über den Hof auf ihn

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Zweiter Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Zweiter_Band.pdf/91&oldid=- (Version vom 19.5.2019)