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Johann Tobias Müller, Johannes Fronmüller, Adolph Stählin: Zum Ehrengedächtniß eines treuen Knechtes Christi, des hochhwürdigen Herrn Christ. Phil. Heinr. Brandt, weil. K. B. Kirchenraths, evangel.-luth. Pfarrers zu Kattenhochstadt bei Weissenburg a. S

es ist gewiß, daß alle Menschen Trostes bedürftig sind, weil sie alle leben in dem Elend und Jammer dieser Welt, weil über alle Herzeleid und Trübsal hereinbrechen in tausendfältiger Gestalt, weil die Zahl der äußern und innern Menschennoth, bis sie endlich der Tod schließt, Legion ist. Aber den Wenigsten ist es gegeben, ihre Bedürftigkeit des Trostes einzusehen und zu erkennen, und sich aus aller Noth und aus allem Elend dieser Welt heraus auszustrecken nach dem Tröster JEsus Christus. Die meisten gehen dahin in allem Leid dieser Erde und bringen es nicht zu dem Leidtragen, worauf der Trost folgt, wie Christus spricht: „Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.“ Es muß eben, wer getröstet werden will, um am Ende Gott Lob und Dank sagen zu können für Seinen Trost, werden wie jener Mensch in Jerusalem mit Namen Simeon, der fromm war und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels. Und dazu, daß man so werde, ist nothwendig eine rechte Anschauung alles Elends in der Welt, Erkenntniß sein selbst, ein offenes, aufmerksames, treues Auge, das inwendig hineinschaut. Der Blick, den ein treues Auge in sich thut, soll schauen, wie alles Elend der Sünde Schuld und Folge ist, und wie darum alles Elend nur durch den gehoben werden kann, der Sünde tilgt und wegnimmt, nemlich durch JEsum Christ. Wer sich anschaut mit einem Aug geschärft durch JEsu Auge, der wird klein und gering, demüthig und seines Gottes wartend, der wird elend und jämmerlich, arm, blind und blos. Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Die reichen, satten Seelen, deren Augen herumschweifen in der ganzen Welt, alle Nichtigkeiten, Thorheiten, Eitelkeiten dieser Erde anschauen und sich daran weiden, nur nicht den Blick einwärts kehren, zu

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Johann Tobias Müller, Johannes Fronmüller, Adolph Stählin: Zum Ehrengedächtniß eines treuen Knechtes Christi, des hochhwürdigen Herrn Christ. Phil. Heinr. Brandt, weil. K. B. Kirchenraths, evangel.-luth. Pfarrers zu Kattenhochstadt bei Weissenburg a. S. Joh. Phil Raw, Nürnberg 1857, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:M%C3%BCller,_Fronm%C3%BCller,_St%C3%A4hlin_-_Zum_Ehrenged%C3%A4chtni%C3%9F_Christian_Philipp_Heinrich_Brandt.pdf/8&oldid=- (Version vom 26.9.2016)