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wandern von Jugend zum Alter, sterben friedlich, erleben nichts – nichts, was ich Erleben nenne. Und ich?! Mir hat das Geschick das Glück der Abenteuer abseits vom Alltag beschert. Mir glüht das Blut in den frischen Adern auf, wenn ich an jene Nacht zurückdenke, die über meine Zukunft entschied …

Kein Alltagsweg: hinaus in die Freiheit auf zwei schwankenden Drähten einer Starkstromleitung … Und dann Kamerad Boche Boche … Der Magelhaens-Archipel, nachher Santa Ines und Joachim Näsler …

Und jetzt: der dritte – Peter van Braanken, der dritte, den mir der Zufall in den Weg geweht hatte … Der dritte Europäer, den der unnennbare Reiz des Geheimnisvollen umgab. Ein Mörder?! Blind?!

Meine Zigarre war ausgegangen. – Die Verfolgung aufgeben – niemals!! Braanken sollte Farbe bekennen! Und Angst vor diesem Mastilo – ich?! Angst?! Was hatte ich denn zu verlieren: das Leben! Gut – das Leben! Einmal mußte ich ohnedies dran glauben. Auch mein Pfad führt schließlich in den Orkus hinab!

Frei und glücklich fühlte ich mich, denn nur wer nicht weiß, was er will, ist unzufrieden und mit sich zerfallen.

Die schlechte Zigarre schmeckte vortrefflich. Und draußen lichtete sich die finstere Wolkendecke … In der Ferne schoß bereits eine breite Sonnenbahn durch einen Wolkenriß … Der Regen ließ nach. Ich sah nach der Uhr. Es war halb zwölf vormittags. Mein Barometer hatte nicht versagt. Coy sagt immer: „Das kennen …“ – Er kennt wirklich sehr viel, mehr als ich.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Mein Freund Coy. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 79. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Mein_Freund_Coy.pdf/79&oldid=- (Version vom 1.8.2018)