Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben 2. Theil | |
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geheimnißvolle Wesen Taboo abgerechnet. Die freien Bewohner des Thales schlugen die Augen nicht nieder vor Häuptlingen, Priestern oder Teufeln. Die unglücklichen Götzen bekamen mehr Stöße, als Gebete. Ich bin nicht darüber erstaunt, daß einige von ihnen so mürrisch aussahen, und so steif dastanden, als ob sie fürchteten, ein Ärgerniß zu geben, wenn sie rechts oder links blickten. Sie mußten sich nämlich sehr zusammen nehmen, oder die Folgen ihres Betragens erleiden. Ihre Anbeter waren solche wankelmüthige, respectlose Heiden, daß sie jeden Augenblick den einen oder den andern Götzen umstoßen, in Stücke zerschlagen und zum Feuer auf demselben Altar verwenden konnten, an welchem er bisher Wache gestanden. Sie würden selbst bei dem Feuer Brotfrüchte geröstet und sie ohne Furcht vor dem Götzen verzehrt haben. Wie wenig diese unglücklichen Gottheiten von den Eingebornen respectirt wurden, zeigte sich mir bei einer Gelegenheit besonders deutlich. Ich ging mit Kory-Kory durch die dunkelsten Theile des Haines und sah dort ein sonderbares Götzenbild, von etwa sechs Fuß Höhe, welches ursprünglich aufrecht an einem niedrigen Pi-Pi gestanden hatte, auf dem ein halbverfallener Bambustempel thront, aber schwach geworden war und jetzt halbumgefallen gegen den Pi-Pi lehnte. Der Götze war halb durch das Laub eines nahen Baumes verdeckt, dessen weite Äste über den Steinhaufen herabfielen, als ob sie den rohen Tempel vor dem
Herman Melville Übersetzt von Rudolph Garrigue: Vier Monate auf den Marquesas-Inseln oder ein Blick auf Polynesisches Leben, 2. Theil. Gustav Mayer, Leipzig 1847, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Melville-Vier_Monate_auf_den_Marquesas-Inseln._Teil_2.djvu/103&oldid=- (Version vom 1.8.2018)