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braucht, um sich vom Kopf des Kometen bis zum finde seines Schweifes zu erheben, indem man von diesem Endpunkte eine gerade Linie nach der Sonne zieht und den Ort bemerkt, wo dieselbe die Bahn schneidet. Der Dampf am Ende des Schweifes fängt nämlich, wenn er sich in gerader Linie von der Sonne ab entfernt, zu der Zeit vom Kopfe aufzusteigen an, wenn dieser sich in jenem Punkte befindet. Der Dampf entfernt sich aber nicht in gerader Linie von der Sonne, sondern er behält die Bewegung bei, welche der Komet hatte, ehe dieser Dampf aufzusteigen anfing, und da diese Bewegung sich mit derjenigen zusammensetzt, mit welcher der Dampf aufsteigt, so entsteht die schiefe Richtung seiner Bewegung. Die Lösung dieser Aufgabe wird daher genauer, wenn jene die Linie, welche die Bahn durchschneidet, der Längenlinie des Schweifes parallel ist, oder vielmehr (wegen der krummlinigen Bewegung des Kometen) wenn diese Linie von der des Schweifes divergirt[1]. Auf diese Weise fand ich, dass der Dampf, welcher sich den 25. Januar am Ende des Kometenschweifes von 1680 befand, vor dem 11. December angefangen hat aufzusteigen, und dass er folglich mehr als 15 Tage hierzu gebraucht hatte. Der ganze Schweif, welcher am 10 December sichtbar war, war ferner innerhalb jener 2 Tage aufgestiegen, welche seit der Zeit des Perihels verflossen waren. Dieser Dampf stieg also anfangs, als der Komet der Sonne näher stand, sehr schnell empor; hierauf fuhr er fort anzusteigen mit einer Bewegung, welche durch die Schwere beständig verzögert wurde und vergrösserte durch sein Emporsteigen die Länge des Schweifes. Der letztere wurde, so lange er sichtbar war, fast aus all dem Dampfe gebildet, welcher von der Zeit des Perihels aufgestiegen war; und der zuerst aufgestiegene Dampf, welcher das Ende des Schweifes bildete, verschwand nur dann erst, als seine Entfernung sowohl von der Sonne, wie auch von unseren Augen so gross geworden war, dass man ihn nicht mehr wahrnehmen konnte. Die Schweife anderer Kometen also, welche kurz sind, werden nicht aus Dämpfen gebildet, die mit einer raschen und continuirlichen Bewegung von ihren Köpfen aufsteigen und sich hierauf zerstreuen; sondern sie sind permanente Säulen von Dämpfen und Ausdünstungen, welche während vieler Tage mit einer sehr langsamen Bewegung aus den Köpfen der Kometen hervorgehen, an der Bewegung Theil nehmen, die der Kopf bei ihrem Heraustreten hatte und hierauf fortfahren, sich mit dem Kopfe im Himmelsraume zu bewegen. Dies liefert einen neuen Beweis, dass die Himmelsräume von jeder widerstehenden Kraft frei sind; weil nicht nur die festen Körper, wie die Planeten und Kometen, sondern selbst sehr verdünnte Dämpfe wie diejenigen, woraus die Kometenschweife gebildet sind, sich ganz frei und mit einer sehr grossen Geschwindigkeit in denselben bewegen und weil sie darin ihre Bewegung sehr lange Zeit hindurch beibehalten.

Kepler schreibt das Aufsteigen der Schweife, welche sich aus der Atmosphäre ihrer Köpfe erheben, und ihre fortschreitende Bewegung


  1. [653]
    Fig. 278.

    No. 322. S. 493. Es stelle S die Sonne, AB einen Theil der Kometenbahn dar. Es sei N der Kern des Kometen, welcher von A gegen B fortschreitet, C das Ende des Schweifes. Zieht man CS, so bezeichnet der Durchschnittspunkt d mit der Bahn den Ort, in welchem der am Ende des Schweifes befindliche Dampf vom Kopfe aufzusteigen begonnen hat, wenn jener Dampf geradlinig von der Sonne aufsteigt. Da diese nicht der Fall ist, sondern der Dampf nach der Seite A, welche der Komet verlassen hat, nach dem Obigen hinneigt; so ziehe man SE parallel der Länge des Kometen, oder vielmehr, wegen der krummlinigen Bewegung des Kometen, von dieser Linie divergirend. Die Linie SE schneide die Bahn in D, und<section end=322 / [654] es wird der, jetzt das Ende des Schweifes bildende, Dampf vom Kern aufzusteigen begonnen haben, als der Komet sich in D befand. Die aufsteigende Bewegung des Dampfes wird nämlich mit der fortschreitenden Bewegung des Kometen zusammengesetzt. Nach den entwickelten Methoden kann man aber die Zeit bestimmen, in welcher der Komet sich im Punkte D befunden hat, und die Zwischenzeit, welche den Oertern D und N des Kometen entspricht, stimmt mit derjenigen überein, welche der Dampf braucht, um vom Kopfe bis zum Ende des Schweifes aufzusteigen.

    Fig. 279.

    Es stelle S die Sonne, T die Erde, STA den Winkelabstand des Kometen von der Sonne dar, und es sei ATB die scheinbare Länge des Schweifes. Weil das Licht sich vom Ende des Schweifes längs TB fortpflanzt, so befindet sich das Ende desselben irgendwo auf dieser Linie, etwa in D. Man ziehe DS, welche AT in C schneidet; alsdann werden, weil der Schweif immer sehr nahe der Sonne gegenüberliegt, die Sonne, der Kopf und der Endpunkt des Schweifes in gerader Linie, der zweite also in C liegen. Zieht man SA TB, so liegt C zwischen T und A, weil das Ende des Schweifes irgendwo auf der unendlichen Linie TB liegt und alle Linien, welche von S nach TB gezogen werden können, TA irgendwo zwischen T und A schneiden. Der Komet kann daher von der Erde nicht weiter als TA und von der Sonne nicht Leiter als SA entfernt sein.

    Z. B. der Komet von 1680 hatte am 12. December die Länge 276° 32', die Breite 8° 28', die Sonne die Länge 271° 51' (nach Pag. 538.) Unterschied der Längen = 4° 41'; mithin der Abstand des Kopfes von der Sonne aus cos KS = cos 4° 41' · cos 8° 28', KS = 9° 40' = ATS. Die Länge des Schweifes, oder ATB = 35°, SA : ST = sin 9° 40' : sin 35° = 3 : 10. Der Komet war daher an diesem Tage von der Sonne nur am 3/10 r entfernt, wo r der mittlere Abstand der Erde von der Sonne bezeichnet. Jener befand sich also innerhalb der Mercursbahn.

    Am 21. December war Länge des Kometen 305° 8', Breite = 21° 42', Länge 281° 7', mithin cos KS = cos 24° 1' · cos 21° 42', KS = 31° 56' = ATS, ATB = 70°, SA : ST = sin 31° 56' : sin 70° = 4 : 7. Der Komet war noch innerhalb der Venusbahn.

    Am 28. December war Länge des Kometen 338° 41', Breite 28° 6', Länge 288° 26', cos KS = cos 50° 15' · cos 28° 6', KS = 55° 40', Länge des Schweifes = 56°, SA : ST = sin 55° 40' : sin 56°. Der Komet befand sich also noch innerhalb der Erdbahn.

Empfohlene Zitierweise:
Isaac Newton: Mathematische Principien der Naturlehre. Robert Oppenheim, Berlin 1872, Seite 493. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:NewtonPrincipien.djvu/501&oldid=- (Version vom 12.5.2018)