Murrthales von Südost – nach Nordwest begünstigt eine starke Luftströmung, dagegen ist dasselbe vor Nordwinden geschützt; bewegter Luft und nicht selten starken Winden sind die Höhen ausgesetzt. Hagelschlag gehört zu den Seltenheiten.
Trotz dieser ungünstigen natürlichen Verhältnisse wird die Landwirthschaft mit vielem Eifer betrieben und dem Boden das möglichste abzugewinnen gesucht; günstiger ist die Beschaffenheit des Terrains und des Bodens für die Waldwirthschaft, die denn auch in neuerer Zeit von einigen Privatwaldbesitzern rationell betrieben wird. Neben dem Brabanter Pflug wird auch wegen des bergigen Terrains der deutsche Wendepflug noch angewendet und eiserne Eggen haben häufig und die Walzen bisweilen Eingang gefunden.
Von Getreidearten werden hauptsächlich gebaut Haber, Dinkel und Roggen, dann Gerste, Weizen und Einkorn; von Brach- und Handelsgewächsen kommen zum Anbau Kartoffeln, Futterkräuter (dreiblättriger Klee und Luzerne), Rüben, Heidekorn, selten Reps und Mohn, dagegen sehr viel Flachs und Hanf; von dem Ertrag der letzteren wird etwa die Hälfte entweder als Gespinnst oder als Leinwand nach außen abgesetzt. Auch mit dem Hopfenbau wurde begonnen und es verbreitet sich dieser mehr und mehr. Nur wenige Güterbesitzer können, mit Ausnahme von Haber, von ihren Getreideerzeugnissen nach außen verkaufen, da diese häufig nicht einmal das häusliche Bedürfniß befriedigen und daher weit mehr Früchte, namentlich in die Stadt, von außen eingeführt werden müssen.
Im Murrthal ist der Wiesenbau vorherrschend und sehr ausgedehnt, das Futter gut und nur an einigen Stellen sauer; auf den Bergen und an ihren Abhängen ist derselbe beschränkter und das Erzeugniß mittelmäßig. Im Thal sind die Wiesen meist drei-, an den Bergen ein- und zweimähdig; im Thal können 15–20 Morgen, in den Parzellen 50–60 Morgen bewässert werden und zwar hauptsächlich in Hinterbüchelberg und Vorderwestermurr. Von den Stadtbewohnern wird Futter nach außen verkauft, das meiste aber für die Schafe den Winter über verbraucht.
In der Nähe der Stadt befinden sich einige schöne Gartenanlagen. Die meisten Gemüsegärten, in denen jedoch nur für den eigenen Bedarf der Gemüsebau getrieben wird, liegen auf der „Burg“. Weinbau treibt man in der Nähe der Stadt nur auf wenigen Morgen versuchsweise.
Die Obstzucht hat seit 20 Jahren bedeutend zugenommen und geht auch jetzt noch nicht zurück, obgleich man vom früheren Übermaß abgekommen ist. Das Obst geräth wegen der starken Fröste und Nebel nicht besonders gerne, Steinobst noch seltener als Kernobst und von letzterem gedeihen am besten die Äpfel und zwar Luiken, Rosenäpfel, Goldparmäne, von den Birnen die Wolfs-, Brat- und
Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Backnang. H. Lindemann, Stuttgart, Stuttgart 1871, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OABacknang.djvu/233&oldid=- (Version vom 1.8.2018)