Seite:Offenes Sendschreiben an die evangelisch-lutherische Geistlichkeit in Bayern in der Gesangbuchssache.pdf/12

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Gottesdienste vom Synodalprediger im Namen der ganzen Synode gelobt, das Beste der Kirche nach allen Kräften zu fördern und mit Gut und Blut für sie einzustehen; kam dann in der Synode die Sprache aufs Gesangbuch, und hatte nur einmal ein weltliches Mitglied, das im Stande war, den Mund aufzuthun, mit dem Kostenpunkte den Mund recht voll genommen, hilf Himmel, wie wurde da die ganze Synode mit einem Male so lebendig! „Sehen Sie da, liebe Amtsbrüder, rief dann hie und da ein um die Gunst der Laien buhlender Geistlicher, wie unklug es wäre, in dieser geldarmen Zeit ein neues Gesangbuch einzuführen!“ Daß da immer ein oder etliche Geistliche die Fürsprecher derjenigen unter den Laien machten, denen eine gute Maas Bier oder ein Joch Ochsen mehr am Herzen lag, als die Kirche, das hat mich immer auf das Schmerzlichste berührt und an den Ausruf jenes vermeintlichen Patrioten erinnert, dem ein Beitrag zum Besten des Vaterlandes abgefordert wurde: „Was? Gut und Blut haben wir schon dem Vaterlande gelobt, und jetzt sollen wir auch noch Geld geben?!“

 Das Geld soll in unserer evangelisch-lutherischen Kirche ein so großes Hinderniß bei der Einführung eines besseren Gesangbuches seyn? Bedenken wir Geistliche wohl, wie wir damit unsere Landeskirche blamiren, wenn wir ein so großes Gewicht auf das Geld legen? Was, um nur einige Beispiele anzuführen, im kleinen Württemberg so leicht gieng, das sollte in Bayern so großes Bedenken erregen, ja fast an’s Unmögliche gränzen? Was kostet sodann den römisch-katholischen Laien ihr Gottesdienst an Kirchenopfern, Wallfahrten, Messen für Verstorbene, Kranke, Reisende? Welche Opfer bringen die Deutschkatholiken und andere Secten für die Ausbreitung ihrer seelenverderblichen Irrlehren? Und du, meine evangelisch-lutherische Kirche Bayerns wärest so bettelarm, daß deine Glieder nicht etliche Kreuzer für ein so wichtiges Buch, wie ein gutes Kirchengesangbuch ist, aufzubringen vermöchten, ohne darüber Ach und Weh rufen zu müssen? Fürwahr, wenn durch den Vorwand des Kostenpunktes unsere Kirche nicht ganz beschimpft wird, so wüßte ich nicht, wodurch das noch mehr geschehen könnte.

 In einer Zeit, in der so entsetzlich viel bei Volksversammlungen,