Zum Inhalt springen

Seite:Otto Richter Lehrjahre eines Kopfarbeiters.pdf/119

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Unterhaltsbeiträgen von meinem Bruder August, 1500 Mark vom Schwager Ernst, 1800 Mark öffentlichen Stipendien und vielleicht 500 Mark eigenem Verdienst vom Stundengeben, im ganzen etwa 6300 Mark. Das war, verglichen mit den 150 Talern früherem Jahresverdienst meines Vaters, wahrlich keine Kleinigkeit, ganz abgesehen davon, daß sich während der acht Jahre in meinem früheren Berufe ein er­kleckliches Sümmchen hätte verdienen lassen. Ich aber fand das Glück meiner Jugendjahre und die schließlich erlangte Stellung damit nicht zu teuer bezahlt.


Glücklich am Ziele.

Jetzt war es hohe Zeit, hinsichtlich der Berufswahl zu einem endgültigen Beschlusse zu kommen. So lange Professor Wuttke lebte, hatte er mich ermuntert, auf die Tagesschrift­stellerei hinzusteuern. Bei einem ihm befreundeten Dresdner Journalisten, dessen politische Richtung freilich von der meinigen stark abwich, erkundigte er sich nach den Vorbedingungen dieser Tätigkeit und erhielt, gewiß mit Recht, die Auskunft, daß vor allem noch die Erlernung der Stenographie gefordert werden müsse. Das gefiel mir nicht. Ich hatte mir den Jour­nalisten stets nur als den vornehmen Leitartikler vorgestellt, der am Schreibtische sitzend, mit der Feder die Zeitläufte an sich heranwinkt, nicht aber als den Berichterstatter, der den Tagesereignissen mit gespitztem Bleistift nachlaufen muß. Auch kam es mir immer deutlicher zum Bewußtsein, daß ich nicht die dem Tagesschriftsteller unentbehrliche schnelle Arbeits­weise und Federgewandtheit besaß, sondern mich mehr für die bedächtige Tätigkeit des Forschers eignete. Nicht mit vergänglichen Zeitungsaufsätzen, sondern mit dauerhaften Büchern glaubte ich mich am nützlichsten machen zu können. Das Gesellenstück für das Buchmachergewerbe hatte ich ja

Empfohlene Zitierweise:
Otto Richter: Lehrjahre eines Kopfarbeiters. Verlag der Buchdruckerei der Wilhelm und Bertha von Baensch Stiftung, Dresden 1925, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otto_Richter_Lehrjahre_eines_Kopfarbeiters.pdf/119&oldid=- (Version vom 10.6.2024)