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nichts anhaben können. Das tiefe Gelb des Steins und das fröhliche Grün des kupfernen Daches wirken doppelt heiter in sommerlicher Sonnenpracht inmitten des lachenden Parkes. Gar köstlich liegt es zwischen dem großen Teich und den prächtigen flachen Gartenanlagen einerseits, den von Pappeln und Fichten umsäumten Rasenflächen anderseits, und prächtig betont es die Mitte des Gartens, nach der von allen vier Seiten des Gartens der Blick sich lenkt. Der Grundriß des Baues ist H -förmig. Ein eigentlicher Sockel fehlt, nicht zum Schaden des Gebäudes, das dadurch in engere Beziehung zum Garten tritt. Zwei Geschosse hat der Bau und eine niedere Attika; vor den Mittelbau tritt hüben und drüben ein Risalit zwischen bequemen dreiteiligen Freitreppen, die zu dem Obergeschoß emporführen. Gurtgesimse trennen die Geschosse, das Untergeschoß ist gequadert, das obere reich mit Säulen, Pfeilern, Standbildern, Rankenwerk usw. geschmückt. Etwas ruhmredig stehen neben den Toren und Hauptfenstern der Mittelrisalite doppelte Säulenstellungen, die nichts zu tragen haben. In der Attika wechseln quadratische Fenster mit den Büsten römischer Kaiser in kreisrunden Nischen. Das Risalit der Westschauseite krönt ein Giebelfeld im Stichbogen, geschmückt mit dem Kurwappen und einer geharnischten Saxonia, Kinder und Frauen bringen zur Verherrlichung Sachsens Lorbeergewinde und Zweige herbei. Vorübergehender froher Aufenthalt in festlich zugestutzter Natur, diesen Zweck spricht der Bau in seinem Äußeren aus. Nicht anders das Innere: im Quergebäude unten und oben ein einziger großer Saal, in den Seitengebäuden in beiden Geschossen je drei kleinere Räume, kleine Wendeltreppen vermitteln den Verkehr im Innern. Stattlich, wenn auch nicht sehr hoch, ist schon der Saal im Erdgeschoß; Kreuzgewölbe auf vier freistehenden und vierzehn Wandpfeilern überdecken ihn, in den Spiegeln der Gewölbe sind die zwölf Gestalten des Tierkreises aufgemalt, die Tiere sind kräftig umrahmt und mit gebrochenen barocken Giebeln gekrönt. Überaus prachtvoll ist aber dann der große Saal des Obergeschosses mit seiner vollen dekorativen Ausstellung. Zwanzig reiche korinthische Säulen in rotem Stucco lustro, je sechs an den Lang-, je vier an den Schmalseiten gliedern die Wände. Die Stichkappen und die gewölbten Flächen der Hohlkehle, der Fries und die Umrahmung der Deckenbilder, alles ist reich mit Stuck verziert.

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/104&oldid=- (Version vom 25.1.2023)