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Verbündeter König Friedrich IV. von Dänemark nach Dresden, und ihm zu Ehren veranstaltete August wochenlang Feste von unerhörter Pracht. Da die vorhandenen Plätze für die Mannigfaltigkeit der Darbietungen und die große Zahl der Festteilnehmer nicht ausreichten, ließ der König durch Pöppelmann einen neuen Festplatz, ein sogenanntes Amphitheater herstellen, in dem er ein großes Rechteck mit hölzernen Galerien umgeben ließ. Sowohl im Erdgeschoß wie auf den flachen Dächern mit ihren Balustraden vermochten die Galerien eine Menge von Zuschauern aufzunehmen, während auf dem freien Platze die ritterlichen Spiele vor sich gingen. Diese erste Holzanlage birgt schon, wie Sponsel richtig sagt, die Idee des Zwingers in sich, und sie ist innig verwandt mit den Festplätzen, wie man sie damals in Florenz, Modena, Wien und Paris vorübergehend zu errichten pflegte. Sie alle sind alsbald wieder verschwunden, August der Starke aber ließ den hölzernen Festbau in Stein übertragen und so besitzen wir noch heute ein steinernes Denkmal jenes Amphitheaters, jener großartigen Festlichkeiten vom Jahre 1709 und überhaupt der Festkultur jener Zeit. Der Name Zwinger aber bedeutet zunächst einen durch Gebäude oder Mauern eingeengten Raum, und im 17. Jahrhundert pflegte man, nach Gurlitt, damit den Raum zwischen zwei Festungsmauern oder zwischen dem äußeren und dem inneren Tore zu bezeichnen. Da die Festungsgräben vielfach als Festplätze, zum Rennen, Schießen usw. benutzt wurden, ging der Name dann einfach auf die Festplätze über. Auch im Jahre 1719 hat dann der Zwinger wieder als Stätte von Spielen und Festen gedient, die August der Starke zur Vermählung des Kurprinzen mit der Tochter des deutschen Kaisers veranstaltete. Pöppelmann selbst sagt schließlich in seinem großen Bilderwerke über den Zwinger ausdrücklich, daß er gleich den altrömischen Thermen (= Bädern) dazu dienen sollte, ,,alle Arten öffentlicher Ritterspiele, Gepränge und andere Lustbarkeiten des Hofes" anzustellen.

Als ein solcher Festplatz mit Galerien und Erholungsräumen für die Zuschauer mit Dekorationen in üppiger Pracht ist der Zwinger eine durchaus zweckmäßige und stilgerechte Bauschöpfung. Wandeln wir in dem nüchternen Ernst unserer Tage über den weiten Gartenplatz, so fröstelt es uns vielleicht ein wenig und die leidenschaftlich verzerrten Gesichter der Faune und Satyre wollen uns

Empfohlene Zitierweise:
Paul Schumann (1855-1927): Dresden. Berühmte Kunststätten, Band 46, 1. Auflage. E.A. Seemann, Leipzig 1909, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Schumann_-_Dresden.pdf/124&oldid=- (Version vom 25.1.2023)