Zum Inhalt springen

Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/55

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn

nämlich, was wir sehen, hören, riechen, schmecken und tasten, gehen Schmerz und Lust, Furcht und Begierde hervor, da keine dieser Empfindungen von selbst entstehen kann, wenn ihr nicht die Anlässe dazu durch die Sinne geboten werden. 239 Diese sind die wirkenden Kräfte der Empfindungen, entweder mit Hilfe von Farben und Formen oder durch Töne beim Sprechen und Hören oder durch Schmecken oder durch Düfte oder durch Berührung von Gegenständen, die weich und hart oder [35 M.]rauh und glatt oder warm und kalt sind; alle diese Dinge werden einem jeden der Affekte durch die Sinne zugeführt. 240 Und solange die erwähnten Abgaben entrichtet werden, besteht unter den Königen das Bündnis; wenn sie aber nicht mehr gezahlt werden, entstehen sofort Unruhen und Kämpfe. Das geschieht, wie es scheint, wenn das schmerzensreiche Greisenalter kommt, wo die Empfindungen nicht schwächer werden, sondern womöglich noch stärker als früher, wo hingegen die Augen trübe, die Ohren schwerhörig und ebenso alle übrigen Sinne stumpfer werden und nicht mehr in gleicher Weise alles genau unterscheiden und beurteilen und daher nicht dasselbe wie früher (den Affekten) leisten können; natürlich werden sie, wenn sie in jeder Hinsicht schwach geworden und schon von selbst dem Sinken nahe sind, leicht von den gegnerischen Empfindungen niedergeworfen. 241 Ganz ihrer Natur entsprechend heisst es in der h. Schrift (1 Mos. 14,10), dass zwei von den fünf Königen in Brunnen fielen, die drei andern die Flucht ergriffen; denn Tastsinn und Geschmack dringen in das tiefste Innere des Körpers ein und übermitteln den Eingeweiden, was in ihren Bereich gehört, während Augen, Ohren und Geruchsinn meistens nach aussen wandern und der Knechtschaft des Körpers entfliehen. 242 Ihnen allen setzt der Weise nach, und nachdem er wahrgenommen, dass die früheren Bundesgenossen und Freunde leiden und dass Krieg statt Frieden unter den neun Mächten bestehe, weil nämlich die vier mit den fünf um die Herrschaft ringen, passt er den rechten Moment ab und stürzt sich plötzlich auf sie; denn er ist eifrig bestrebt, die Demokratie, die beste der Staatsverfassungen, statt der Tyrannen- und Dynastenherrschaften in der Seele herzustellen und Gesetz und Recht an Stelle

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/55&oldid=- (Version vom 11.5.2019)