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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy

Vernunft und allen Tugenden aufsteigenden Düfte[1] vom einzig Weisen (d. i. Gott) beurteilt würden. 115 Wenn diese dafür (für das Rauchopfer) tauglich erscheinen, dann wird Moses dazu den Hymnus [536 M.] anstimmen: „Es roch der Herr den Duft des Wohlgeruchs“ (1 Mos. 8, 21), indem er „riechen“ für „zustimmen“ gebraucht; denn Gott ist nicht von menschlicher Gestalt und bedarf nicht der Nase oder anderer Teilorgane des Körpers. 116 Weiter aber wird er die göttliche Wohnstätte, das Zelt, „zehn Vorhänge“ nennen (2 Mos. 26, 1).[2] Denn das Gefüge der gesamten Weisheit besitzt eine heilige Zahl, die Dekade; die Weisheit aber ist die Wohnung[3] und der Königspalast des allanführenden und alleinig selbstherrschenden Königs. 117 Dieser (Palast der Weisheit) ist das intelligible Haus (Gottes), das sinnlich wahrnehmbare dagegen ist der Kosmos, da er (Gott) die Vorhänge aus den Stoffen weben ließ, die Symbole der vier Elemente[4] sind; denn sie werden aus Byssos und Hyazinth, Purpur und Scharlach, also wie gesagt aus viererlei Stoff verfertigt. Symbol der Erde ist der Byssos, denn er entsteht aus ihr; der Luft der Hyazinth, denn diese ist dunkel von Natur[5]; des Wassers der Purpur, denn die gleichnamige Muschel, die die Färbung verursacht, kommt aus dem Meer; des Feuers die Scharlachbeere, denn sie ähnelt sehr dem Feuer. 118 Hingegen züchtigt der Schutz– und Pflegeherr des Alls das aufsässige Ägypten, als es die widergöttliche Vernunft[6] vergötzte und ihm die Abzeichen der Königswürde: Thron, Zepter und Diadem zuerkannte, mit zehn Plagen und Strafen. 119 Ebenso verspricht er auch dem weisen Abraham, daß er den Untergang und die völlige Vernichtung von genau zehn Völkern, nicht mehr und nicht weniger, vollziehen und

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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/034&oldid=- (Version vom 10.12.2016)
  1. Zu der allegorischen Deutung des Weihrauchopfers als „Opfer im Geist“ vgl. oben § 106 Anm. 5 und: Über die Trunkenheit § 87.
  2. Philo erklärt LXX 2 Mos. 26, 1: καὶ τὴν σκηνὴν ποιήσεις δέκα αὐλαίας: „Und du sollst das Zelt, die zehn Vorhänge (statt aus zehn Vorhängen) machen“, faßt also den Akkusativ δέκα αὐλαίας; als Apposition zu τὴν σκηνήν.
  3. Das Wortspiel zwischen αὐλή und αὐλαία läßt sich im Deutschen nicht wiedergeben.
  4. Zur Allegorese der Stiftszeltvorhänge vgl. Über das Leben des Moses II § 84ff. und die in der Anm. zu § 88 angeführten Parallelstellen aus Josephus (Altert. III 183. Jüd. Krieg V 212).
  5. Über die Dunkelheit der unteren Luftschicht (ἀήρ) vgl. All. Erkl. I § 46 Anm.
  6. Gemeint ist Pharao, vgl. Über die Träume II § 183 und All. Erkl. III § 12 Anm. Über die Trunkenheit § 208 Anm. 2.