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Seite:PhiloDeusGermanLeisegang.djvu/39

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Philon: Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod Deus sit immutabilis) übersetzt von Hans Leisegang

nicht eine Spur der früheren Üppigkeit übrigbliebe. 179 Hiervon aber haben nicht alle Menschen richtige und vollständige Begriffe, wohl aber die, die gewohnt sind, der richtigen und gefestigten Begriffsbestimmung und Begründung nachzugehen. Denn die sagen selbst beides, sowohl daß die ganze Beschäftigung mit der geschaffenen Welt „nichts wert sei“, wie auch daß wir „über das Gebirge ziehen“ wollen; 180 denn es ist nicht möglich, daß einer, der nicht auf hohen Begriffsbahnen wandelt, auf das Sterbliche verzichtet, zum Unvergänglichen aber sich wendet und (zu ihm) übersiedelt. So beabsichtigt der irdische Edom die himmlische Königsstraße der Tugend zu versperren, der göttliche Logos aber wiederum seine und die seiner Gesinnungsgenossen. 181 Als deren einer ist auch Bileam zu bezeichnen; denn auch er ist ein Erdengeschöpf, kein himmlischer Sproß. Beweis aber dafür ist folgendes: Da er Vorzeichen und trügerischen Weissagungen nachging, „sah er“, da sein Seelenauge geschlossen war, auch als er aufblickte, nicht „den Engel Gottes gegenüberstehen“ (4 Mos. 22, 31),[1] wandte sich um und ließ vom Unrecht ab, sondern wurde, da der Strom der Torheit, dem er sich hingab, groß war, von ihm überschwemmt und ertrank. 182 Denn dann sind wahrhaftig die Krankheiten der Seele nicht nur schwer zu heilen, sondern völlig unheilbar, wenn wir, sobald das Gewissen sich meldet – das aber ist der göttliche Logos, ein leitender und das im Wege Stehende wegräumender Engel, auf daß wir, ohne zu straucheln, auf der breiten Straße dahinschreiten (Psalm 91, 11. 12)[2] – unsere eigenen urteilslosen Meinungen seinen Anweisungen vorziehen, die er zur Ermahnung und Warnung und zur besseren Einrichtung des ganzen Lebens dauernd zu erteilen pflegt. 183 Deshalb wird der Ungehorsame, der sich nicht umkehrt zu dem ihm entgegenschreitenden Gewissen „den Untergang mit samt den Verwundeten“ (4 Mos. 31, 8) erhalten, die die Leidenschaften durchbohrten und verwundeten. Sein Unglück aber wird den noch nicht völlig Entsühnten eine ausreichende Lehre werden, zu versuchen, den Richter im Innern gnädig zu stimmen. Es wird ihnen aber gelingen, wenn sie nichts von dem umstoßen, was er für recht erkannte.


  1. Über Bileam und die allegorische Auslegung dieser Stelle vgl. Über die Cherubim § 32-36.
  2. Über den Logos als Engel vgl. Alleg. Erklär. III § 177. Über die Cherubim § 35. De confus. ling. § 146. De fuga et inv. § 5 und 203. De mut. nom. § 87. De somniis I § 240.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod Deus sit immutabilis) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloDeusGermanLeisegang.djvu/39&oldid=- (Version vom 27.2.2022)