Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt | |
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auch eine unermessliche Menge von Tieren dahergetrieben, die den Pflanzenwuchs vernichtete, Heuschrecken, die wie ein Strom unaufhörlich sich ergiessend und die ganze Luft erfüllend auffrassen, was die Blitzschläge und der Hagel übrig gelassen hatten, sodass man in dem so grossen Lande [p. 100 M.] keinerlei Gewächs mehr spriessen sah. 122 Jetzt kamen allmählich die Hofleute zu klarster Erkenntnis des eigenen Unglücks, sie gingen zum Könige und sprachen: „Wie lange willst du noch den Männern den Auszug nicht gestatten? Erkennst du aus diesen Vorgängen noch nicht, dass Aegypten verloren ist“ (2 Mos.10,7)? Der König gab anscheinend nach und versprach die Erlaubnis zu geben, wenn die Plage nachlassen würde. Wiederum betete Moses und ein vom Meere herkommender Wind[1] erfasste die Heuschrecken und zerstreute sie. 123 Wie sie aber zerstreut waren und der König sich wegen der Entlassung des Volkes fast zu Tode ärgerte, da kommt eine noch schlimmere Plage als die früheren (2 Mos, 10,2 ff.). Am hellen Tage bricht plötzlich Finsternis herein, vielleicht weil eine Sonnenfinsternis von ungewöhnlicher Vollständigkeit eingetreten war, vielleicht auch weil durch die Konzentration der Wolkenzüge und ihre ununterbrochene Dichtigkeit und ihr gewaltiges Zusammendrängen das Ausströmen der Sonnenstrahlen so gehemmt wurde, dass Tag von Nacht nicht zu unterscheiden war und man nichts anderes dachte, als dass es eine einzige so lange Nacht war, dass sie drei Tagen und ebensoviel Nächten glich. 124 Da hätten, so wird erzählt, die einen, auf ihr Lager hingestreckt, nicht gewagt sich zu erheben, andere schritten, wenn ein natürliches Bedürfnis sie trieb, an den Wänden oder an anderen Gegenständen wie Blinde tastend mühsam vorwärts; denn auch das Licht des im Hausgebrauch angewendeten Feuers erlosch teils unter dem herrschenden Sturmwinde, teils wurde es durch die Tiefe der Finsternis in seiner Leuchtkraft gehemmt und blieb unsichtbar, sodass der unentbehrlichste Sinn, das Gesicht, trotz völliger Gesundheit gelähmt war, da er nichts sehen konnte, und auch die anderen Sinne
- ↑ Wiederum nach der Uebersetzung der Septuaginta ἄνεμος ἀπὸ θαλάσσης (2 Mos. 10,19) für das hebräische רוח־ים (Westwind).
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/036&oldid=- (Version vom 1.8.2018)