Philon: Über die Nüchternheit (De sobrietate) übersetzt von Maximilian Adler | |
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für Güter hält,[1] während doch der wahre Anteil an den Gütern sich keinem Schlechten zugesellt;[2] denn seiner Natur nach hat das Gute mit dem Schlechten keine Gemeinschaft.[3] 68 Darum ist es auch wie ein Schatz bloß in der Seele verwahrt, an deren Schönheit kein Unvernünftiger Anteil hat. Das läßt auch die Prophezeiung den ernsten Weisen[4] einem seiner Schüler wünschen mit den Worten: „Kehre dich mir wieder zu“ (1 Mos. 49, 22), damit er zu dessen Ansicht wieder zurückkehre, [403 M.] wieder gerne glaube, daß nur das sittlich Schöne gut sei, und über der Andersgläubigen Aussprüche über das Gute hinwegspringe. Er soll sich nun in den Häusern[5] der Seele dessen, der bloß das sittlich Schöne für ein Gut erklärt, wohnlich niederlassen, nachdem er vorübergehend in den Häusern der anderen gewohnt hat,[6] die auch das Körperliche und das Äußerliche schätzen. 69 Mit Recht hat aber die hl. Schrift den Unvernünftigen[7] als Sklaven derjenigen bezeichnet, die sich die Tugend zu eigen machen, damit er entweder, wenn er der Leitung durch einen Höheren würdig erachtet wurde, ein besseres Leben habe oder, wenn er beim Unrechttun verharrt, mit Leichtigkeit durch die unumschränkte Herrschaft seiner ihn lenkenden Herren gezüchtigt werde.[8]
- ↑ Arnim, StVF III 117.
- ↑ Nach stoischer Lehre haben die Schlechten an keinem der Güter Anteil, StVF III 387.
- ↑ Chrysipp sagt ausdrücklich, daß zwischen den ἀγαθά und κακά der volle Gegensatz herrsche StVF III 85.
- ↑ Gemeint ist Jakob, der seinen Söhnen vor dem Tode ihre Zukunft kündet.
- ↑ Plural nach dem Schriftwort.
- ↑ Den großen Unterschied zwischen κατοικεῖν und παροικεῖν erläutert Philo Ü. d. Sprachenverwirrung § 76ff.
- ↑ Chanaan, gemäß 1 Mos. 9, 27.
- ↑ Nach mittelstoischer Lehre (z. B. Cicero Tusc. II 48) gebietet die Vernunft dem Unvernünftigen in der Seele „wie ein Herr dem Sklaven oder wie ein Feldherr dem Soldaten oder wie ein Vater dem Sohn“, je nach dessen Verhalten.
Philon: Über die Nüchternheit (De sobrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSobrGermanAdler.djvu/23&oldid=- (Version vom 17.7.2016)