Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/115

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Was sagst du da, du Prahlerin?[1] Weißt du denn, was das wahre Gute oder Schöne oder Gerechte oder Fromme, oder was irgend wem angemessen ist? 297 Das Wissen hiervon und die Macht hierüber kommt allein Gott zu, und dem, der ihm lieb ist. Zeuge hierfür ist aber auch ein Spruch, in dem es heißt: „Ich werde töten und werde leben machen; ich werde verwunden, und ich werde heilen“ (5 Mos. 32, 39). 298 Aber freilich die sich weise dünkende Seele hatte nicht oberflächlich die Träumerei von ihren Überheblichkeiten, sondern die Unglückliche war so aufgeregt, daß sie sich sogar eidlich dazu verpflichtete, daß das sicher und fest stehe, was sie fälschlich annahm. 299 Wenn nun der heftige Pulsschlag und die Aufregung der Krankheit nachzulassen begannen, werden die allmählich angefachten Funken der Gesundheit sie dazu zwingen, zunächst die Sünde zu bekennen, das heißt: sich selbst zu schmähen, dann eine Bittflehende an den Altären zu werden, flehend mit Bitten, Gebeten und Opfern, durch die allein Befreiung von den Strafen zu erlangen ist.

[45] 300 Ferner könnte man mit Recht weiterfragen, warum (die heilige Schrift) denn eigentlich dem Fluß in Ägypten allein zugeschrieben hat, daß er Ufer habe, dem Euphrat aber oder irgend einem anderen der heiligen Flüsse nicht mehr. An einer Stelle nämlich sagt sie: „Du stelle dich ihm entgegentretend, an das Ufer des Flusses“ (2 Mos. 7, 15) ***.[2] 301 Es werden jedoch vielleicht einige spottend sagen, derartiges brauche man nicht in die Forschungen einzubeziehen; denn dabei komme mehr Kleinigkeitskrämerei als irgendein Nutzen heraus. Ich aber glaube, dergleichen ist gleichsam wie Gewürze den heiligen Schriften zugesetzt um der Besserung der Leser willen; und man darf den Forschern nicht eine Wortklauberei, sondern vielmehr, wenn sie es nicht erforschten, Trägheit zum Vorwurf machen. 302 Es handelt sich nämlich bei der vorliegenden Studie gar nicht um eine Erzählung über Flüsse, sondern über Lebensläufe, [699 M.] die flußartigen Strömungen gleichen und einander entgegengesetzt sind. Das Leben des Weisen nämlich wird in Taten, das des Toren in Worten gesehen. Die Rede (wird) aber durch Zunge, Mund, Lippen und die ***.[3]


  1. Philo wendet sich mit diesen Worten an die Seele, die im Texte als sprechend eingeführt wird und sich nach seiner Ansicht anmaßt, ein Wissen über Gut und Böse zu haben.
  2. Hier ist im griechischen Text eine unausfüllbare Lücke.
  3. Hier bricht der Text ab; das Übrige ist verloren.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/115&oldid=- (Version vom 7.1.2019)