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Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/72

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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Purpurgewänder, wer die durchscheinenden und feinen Sommerkleider, wer die spinnwebendünnen Hüllen, wer die durch Färben oder Weben mit Blumen geschmückten Gewänder für sich kunstvoll herstellen durch Leute, die zu färben oder bunt zu weben verstehen und die in der Malerei geübte Nachbildung noch übertreffen? Wer? Ist es nicht der eitle Wahn? [8] 54 Doch auch ein Haus brauchten wir aus denselben Gründen, und damit wir nicht durch die Überfälle von Tieren oder in ihrem Charakter vertierten Menschen Schaden erleiden. Wozu schmücken wir nun Fußboden und Wände mit kostbaren Steinen? Wozu durchreisen wir Asien, Libyen, ganz Europa und die Inseln auf der Suche nach auserlesen schönen Säulen und Architraven? 55 Was bemühen und ereifern wir uns über dorische, ionische und korinthische Kannelierungen und was sonst noch die in den bestehenden Stilgesetzen Schwelgenden hinzuerfanden, um unsere Säulenkapitelle zu schmücken? Wozu bauen wir Männersäle und Frauengemächer mit goldenen Decken? Geschieht nicht auch das um des eitlen Wahnes willen? 56 Gewiß genügte für den Schlaf auch der weiche Erdboden – zumal da, wie man erzählt, noch bis zum heutigen Tage die Gymnosophisten[1] bei den Indern nach alter Sitte auf der bloßen Erde schlafen –, genügt er aber nicht, so doch ein Bodenbelag aus aufgelesenen Feldsteinen oder ein Bett aus einfachem Holz. 57 Sie jedoch stellen mit viel Mühe und Kosten und großem Zeitaufwand von elfenbeinernen Füßen getragene Bettgestelle her und Betten, geschmückt[2] mit kostbarem Perlmutter und mit buntem, eingelegtem Schildpatt, ferner[3] ganz silberne, goldene und mit Edelsteinen besetzte Lagerstätten, geschmückt mit Blumen- und Goldstickereien zum Zeigen und Zurschaustellen, nicht zum täglichen Gebrauch, alles Dinge, deren Schöpfer der eitle Wahn ist. 58 Was brauchte man zum Salben nach mehr zu suchen als nach der ausgepreßten Frucht des Ölbaums? Denn sie glättet und löst die Schlaffheit des Körpers und macht sein Fleisch schön, und wenn er überhaupt etwas schlaff geworden sein sollte, zieht sie ihn fest zusammen und verleiht ihm nicht weniger als sonst etwas anderes Stärke und Spannkraft. 59 Aber gegen die nützlichen Salbmittel wurden die angenehmen des eitlen


  1. So hießen bei den Griechen die Brahmanen, vgl. Über Abraham § 182.
  2. „geschmückt“ hinzugefügt nach Wendland.
  3. Nach Wendland, der ἔτι liest.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/72&oldid=- (Version vom 7.10.2018)