Zum Inhalt springen

Seite:PhilonDecalGermanTreitel.djvu/018

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Ueber den Dekalog (De decalogo) übersetzt von Leopold Treitel

nicht war und erst von einer gewissen Zeit an geworden und dass, er nicht ewig sei, ist frevelhaft. 59 (13.) Aber nun gehen einige beim Urteilen in ihrem Unverstand so weit, dass sie die genannten Dinge nicht nur für Götter halten, sondern auch noch jedes einzelne für den grössten und ersten Gott; den dagegen, der, es wirklich ist, kennen sie bei ihrer natürlichen Unbildung entweder gar nicht oder sie geben sich keine Mühe ihn kennen zu lernen, weil sie meinen, dass es ausser den sichtbaren Dingen keine wirkende Ursache gebe, die unsichtbar und bloss im Geiste zu schauen sei, obschon sie doch einen ganz klaren Beweis dafür vor Augen haben. 60 Ist es doch die Seele, durch die sie leben, durch die sie sich beraten und durch die sie alles vollführen, was zum menschlichen Leben gehört, und doch haben sie niemals die Seele mit den Augen des Körpers zu schauen vermocht, und hatten sie auch alle Anstrengungen gemacht, ob es irgendwie möglich wäre dass herrlichste aller Gebilde zu schauen; von da aus war natürlich nur noch ein Schritt weiter zu tun, um eine Vorstellung von dem Unerschaffenen und Ewigen zu bekommen, der, obwohl unsichtbar, doch die Zügel in der Hand hält und das ganze Weltall zum Heile lenkt. 61 Wie nun einer, wenn er die Ehren, die dem Grosskönig gebühren, den Satrapen, seinen Statthaltern, erwiese, nicht nur sehr töricht erscheinen, sondern auch leichtsinnig Gefahren für sich heraufbeschwören würde, da er das, was dem Herrn zukommt, Dienern gewährt, ebenso steht es mit dem, der das Erschaffene mit den gleichen Ehren bedenkt wie den Schöpfer, er soll wissen, dass er der törichteste und ungerechteste aller Menschen ist, weil er Ungleichen Gleiches gewährt, nicht zur Ehre der Niedrigstehenden, sondern zur Herabsetzung des Höherstehenden. 62 Manche wollen gar in ihrem Uebermass von Gottlosigkeit nicht einmal eine Teilung der Ehre, sie erweisen vielmehr jenen alles, was es nur an Ehren gibt, ihm aber (Gott) lassen sie nichts zukommen, nicht einmal, was doch das Gewöhnlichste von Ehre ist, die Erinnerung an ihn; sie vergessen nämlich den, an den ausschliesslich zu denken die höchste Pflicht wäre, die Unglückseligen [p. 191 M.]geben sich förmlich Mühe, ihn in Vergessenheit geraten zu

Empfohlene Zitierweise:
: Ueber den Dekalog (De decalogo) übersetzt von Leopold Treitel. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 384. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonDecalGermanTreitel.djvu/018&oldid=- (Version vom 9.12.2016)