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Philon: Ueber den Dekalog (De decalogo) übersetzt von Leopold Treitel

lassen. 63 Einige endlich, die von geschwätziger Raserei ergriffen sind, geben ganz offene Beweise der ihnen innewohnenden Gottlosigkeit, sie erkühnen sich die Gottheit zu lästern, sie schärfen dazu ihre Lästerzunge, denn sie wollen damit zugleich die Frommen kranken, in die sofort eine unsagbare und unstillbare Trauer einzieht, die die Seele durch das Gehörte ganz und gar verzehrt. Die Angriffswaffe der Gottlosen ist dies, mit der sie allein schon die Frommen verstummen machen, denn diese halten, um jener Wut nicht zu steigern, im Augenblick Schweigen für das Beste. 64 (14.) Allen solchen Trug wollen wir von uns fernhalten und nicht das, was verwandter Natur mit uns ist, göttlich verehren, und hätte es auch ein reineres und für Unsterblichkeit mehr gemachtes Wesen erhalten — verwandt mit einander ist ja was erschaffen ist, eben weil es erschaffen ist und weil der Vater aller Dinge der eine Schöpfer des Alls ist —; wir wollen vielmehr mit Herz und Mund und mit aller Macht uns dem Dienste des Unerschaffenen, des Ewigen, des Urhebers des Weltalls, hingeben mit Anspannung aller unserer Kräfte, wir wollen nicht wanken und nicht weichen, um etwa der Menge zu gefallen, von der leicht auch, wer sonst sich retten könnte, in das Verderben hineingezogen wird.

65 So wollen wir denn das erste und heiligste Gebot in uns befestigen, Einen für den höchsten Gott zu halten und zu verehren; die Lehre der Vielgötterei darf nicht einmal das Ohr des in Reinheit und ohne Falsch die Wahrheit suchenden Mannes berühren. 66 Wenn nun auch jene, die Diener und Verehrer der Sonne, des Mondes, des ganzen Himmels und der Welt und ihrer vorzüglichsten Teile sind, als ob es Götter wären, sündigen, — denn wie sollte das nicht Sünde sein? — da sie die Untergebenen mehr als den Herrscher ehren, so vergehen sie sich doch so schwer nicht wie die anderen, die sich Holz und Stein, Silber und Gold und ähnliche Stoffe, wie es einem jeden gefällt, zurecht schnitzten und dann den Erdball mit Guss- und Schnitzwerken und sonstigen von Menschenhand gefertigten Götzenbildern anfüllten, deren Meisterinnen Bildhauerkunst und Malerei sind, die damit dem Menschenleben

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: Ueber den Dekalog (De decalogo) übersetzt von Leopold Treitel. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonDecalGermanTreitel.djvu/019&oldid=- (Version vom 9.12.2016)