Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/030

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

denn, übernimm die Sorge für mein Haus und die Verwaltung von ganz Aegypten. 118|Keiner wird mir Leichtfertigkeit zum Vorwurf machen, wenn ich darin nicht der Eigenliebe folge, einem schwer zu beseitigenden Gefühle; denn grosse Naturen werden in ganz kurzer Zeit erkannt, da sie durch ein Uebermass von Fähigkeiten zu unverzüglicher Anerkennung ihrer Person zwingen; die Dinge selbst vertragen auch kein Zögern und Säumen, die Verhältnisse drängen zu den notwendigen Vorkehrungen“. 119|Alsbald setzt er ihn zum Stellvertreter in der Regierung ein oder vielmehr, wenn ich die Wahrheit sagen soll, zum Herrscher, da er selbst nur den Herrschernamen für sich behielt, die tatsächliche Regierung aber jenem überliess und alles tat, um den Jüngling zu ehren. 120|Er gibt ihm den königlichen Siegelring und ein königliches Festgewand und eine goldene Halskette und lässt ihn den zweiten der königlichen Wagen besteigen und in der Stadt herumfahren, wobei ein Herold voranschreitet und denen, die es noch nicht wissen, die Wahl verkündet. 121|Er legt ihm auch in einheimischer Sprache einen von der Traumdeutung hergenommenen andern Namen bei und gibt ihm zur Ehe die vornehmste der Aegypterinnen, eine Tochter des Priesters des Sonnengottes. Das geschah, als er gerade 30 Jahre alt war. 122|So gestaltet sich schliesslich das Schicksal der Frommen; wenn sie auch einmal niedergedrückt werden, stürzen sie doch nicht gänzlich, sondern erheben sich wieder und stehen fest und sicher aufrecht, so dass sie nicht mehr zu Falle gebracht werden können. 123|Wer hätte erwartet, dass an einem Tage plötzlich einer vom Sklaven zum Herrn, vom Gefangenen zum Allervornehmsten und vom Gehilfen p. 59 M. eines Gefängnisaufsehers zum Stellvertreter des Königs werden und statt des Gefängnisses die Königsburg bewohnen und aus äusserster Schande heraus zu den ersten Ehren gelangen würde? 124|Solches ist gleichwohl geschehen und wird noch oft geschehen, wenn es Gott gefällt; nur muss in den Seelen ein Funke von Tugendhaftigkeit glimmen, der einmal entfacht auflodern muss.

125 (22.) Da wir uns vorgenommen haben, neben der wörtlichen Wiedergabe (der Erzählung) auch den tieferen Sinn

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/030&oldid=- (Version vom 5.9.2017)