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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

Manne der junge Mann, im Greis der Mann, und folgt nicht dem Alter das Ende? 129|Jedes Lebensalter tritt gewissermassen dem nachfolgenden die Herrschaft ab und stirbt zuvor; die Natur gibt uns damit stillschweigend die Lehre, den letzten Tod nicht zu fürchten, da wir doch die früheren leicht ertragen haben, den des Kindes, den des Knaben, den des Epheben, den des Jünglings, den des jungen Mannes, den des Mannes; von allen diesen Lebensaltern ist keines mehr vorhanden, wenn das Greisenalter herankommt. 130|(23.) Die anderen Dinge, die den Körper angehen[1], sind sie nicht Träume? Ist die Schönheit nicht von kurzer Dauer, die dahinschwindet, bevor sie aufgeblüht ist? Ist die Gesundheit nicht unbeständig wegen der häufig eintretenden p. 60 M. Schwächezustände? Ist die Körperkraft nicht Krankheiten unterworfen aus zahlreichen Ursachen? Auch die Schärfe der Sinne ist nicht beständig, sie wird beim Auftreten eines kleinen rheumatischen Schmerzes gestört. 131|Die Unsicherheit der äusseren Verhältnisse[2] aber, wer kennt sie nicht? An einem Tage sind oft grosse Reichtümer dahingeschwunden; viele, die die ersten und höchsten Ehren erlangt hatten, sanken zur Ruhmlosigkeit verachteter und unbedeutender Menschen herab; die grössten Königreiche wurden in einem kurzen Zeitmoment zerstört. 132|Eine Bestätigung meiner Worte bietet Dionys in Korinth, der erst Herrscher von Sizilien war, als er aber aus seiner Herrschaft vertrieben wurde, nach Korinth flieht und Schulmeister wird, er, der grosse Herrscher[3]. 133|Eine Bestätigung bietet auch Kroesus, der König von Lydien, der reichste Herrscher, der die Herrschaft der Perser zu zerstören hoffte und nicht nur die eigene verlor, sondern auch gefangengenommen wurde und auf dem Scheiterhaufen


  1. Die körperlichen Güter, die zweite der drei Güterklassen, die Philo unterscheidet. Vgl. Ueber Abraham § 219.
  2. Der äusseren Güter, der dritten Güterklasse.
  3. Dionys II, Tyrann von Syrakus, lebte nach dem Sturz seiner Herrschaft und nach seiner Vertreibung aus Syrakus (344 v. Chr.) als Privatmann in Korinth. Nach einer Sage soll er dort Schulmeister geworden sein und auf öffentlichen Plätzen Kinder unterrichtet haben. Διονύσιος ἐν Κορίνθῳ (Dionys in Korinth) war deshalb später sprichwörtliche Redensart (vgl. Cic. ad Att. IX 9. Plut. de garrul. 17).
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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/032&oldid=- (Version vom 5.9.2017)