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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn

Bewegungen und in allen Lagen Lob verdient, im Hause und draussen, als Staatsmann und als Hausverwalter, weil er im Hause gut wirtschaftet und draussen staatsmännisch wirkt, wie es zur Besserung des Gemeinwesens förderlich ist. 114 Zeigt nun ein einzelner Mann in einer Stadt solche Eigenschaften, so wird er die Stadt überragen; zeigt sie eine Stadt, so wird sie das Land im Umkreise überragen; zeigt sie ein ganzes Volk, so wird es, um seinen Vorrang zu zeigen, auf allen Völkern sitzen, wie der Kopf auf dem Körper[1], nicht sowohl zu eigenem Ruhme als zum Nutzen für die Zuschauer; denn die fortwährende Vorstellung schöner Muster bringt in nicht zu spröden und nicht ganz unzugänglichen Seelen ähnliche Bilder hervor. 115 Deshalb ergeht die Mahnung an alle, die diese weisen und wunderbar schönen Muster nachahmen wollen, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass sie die Wandlung zum Besseren und die Rückkehr aus der Zerstreuung der Seele, die das Laster zu Wege gebracht hat, zur Tugend und Weisheit finden werden; [p. 427 M.] denn wenn Gott gnädig ist, geht alles leicht. 116 Gott ist aber gnädig denen, die ihn ehrfürchten, die von der Zügellosigkeit zur Selbstbeherrschung übergehen, die ihr sündhaftes Leben verurteilen, die hässlichen Trugbilder, die sie ihrer Seele eingeprägt haben, verabscheuen und nun Ruhe von den Leidenschaften suchen und ein stilles, friedliches Leben führen wollen. 117 Wie nun Gott Menschen, die an den äussersten Enden der Erde wohnen, leicht durch ein Geheiss von dort an den Ort führen kann, wohin er will, so kann der Retter in seiner Barmherzigkeit auch den Geist, der infolge langwieriger Verirrung überall herumgezogen ist und von allzusehr geschätzten Herrinnen, der Lust und der Begierde, übel behandelt wurde, von dem weglosen Pfade leicht auf den Weg zurückführen, wenn er zu rückhaltloser Flucht entschlossen ist, nicht zu der gewöhnlichen, schimpflich genannten Flucht, sondern zu der heilsamen, die man ohne fehlzugehen noch über die Rückkehr stellen könnte.


  1. Philo hat die Bibelworte 5 Mos. 28,13 im Auge (καταστήσει σε κύριος ὁ θεός σου εἰς κεφαλὴν καὶ μὴ εἰς οὐράν, καὶ ἔσῃ τότε ἐπάνω καὶ οὐκ ἔσῃ ὑποκάτω).
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/033&oldid=- (Version vom 4.10.2017)