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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn

Finsternis hinabgestürzt werden (ebd. V. 43)[1], damit alle Menschen beim Anblick solcher Beispiele auf den rechten Weg gewiesen werden und daraus die Lehre ziehen, dass Gott die Tugend willkommen heisst, auch wenn sie aus niederer Abkunft hervorgeht, dass er sich um die Wurzeln nicht kümmert, das kräftig gewachsene Reis aber aufnimmt, weil es sich in ein edles verwandelt hat und schöne Früchte zeitigt.

153 (7.) Wenn so die Städte wie vom Feuer verzehrt sein werden und das Land entvölkert, dann wird endlich einmal das Land aufzuatmen und sich zu erholen beginnen von der anhaltenden Bearbeitung und Misshandlung durch die [p. 434 M.] unerträgliche Gewalt der Bewohner, welche die jungfräulichen Sabbatjahre aus dem Lande und aus ihrem Herzen verbannt haben (3 Mos. 26,33—35). Denn die einzigen oder, um es vorsichtiger auszudrücken, ersten Feste, auf die uns die Natur selbst hinweist, sind jeder siebente Tag und jedes siebente Jahr: der siebente Tag dient zur Ruhe den Menschen, das siebente Jahr zur Erholung für den Boden. 154 Jene haben nun dieses Gesetz ganz ausser Uebung gesetzt und damit das Gastrecht[2], die Verträge, den Altar des Erbarmens[3] und den gemeinsamen Herd verletzt[4], lauter Dinge, die Freundschaft und Eintracht sichern — denn alles geschieht mit Hilfe des Sabbats und ist Sabbatfeier —; und so haben die Stärkeren schwächere Menschen geplagt durch fortwährende und unaufhörliche Befehle (zu arbeiten) und auch die Ackerfluren geplagt, weil sie in ihrer Habsucht immer ungerechtem Gewinn nachjagen und ihren Begierden in zügelloser und frevelhafter Weise freien Lauf lassen bis zur Unersättlichkeit. 155 Anstatt nämlich den Menschen oder, ganz richtig ausgedrückt, den Brüdern, die ja


  1. Zu dem Gedanken vgl. Evang. Matth. 8,11.12 λέγω δὲ ὑμῖν ὅτι πολλοὶ ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ δυσμῶν ἥξουσιν καὶ ἀνακλιθήσονται μετὰ Ἀβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ ἐν τῇ βασιλείᾳ τῶν οὐρανῶν· οἱ δὲ υἱοὶ τῆς βασιλείας ἐκβληθήσονται εἰς τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον.
  2. Wörtlich „das Salz“, das Symbol der Gastlichkeit.
  3. Ἐλέου βωμός (Altar des personifizierten Gottes des Erbarmens) hiess in Athen ein Altar, zu dem die Schutzflehenden flüchten konnten.
  4. Insofern nach dem Sabbatjahrgesetze die in diesem Jahre von selbst wachsenden Erdfrüchte den Armen überlassen bleiben sollten (Ueber die Einzelgesetze II § 104 ff.).
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/043&oldid=- (Version vom 4.10.2017)