Philon: Ueber die Tugenden (De virtutibus) übersetzt von Leopold Cohn | |
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Früchte ernten sollte, dass einer freien, ein anderer aber die Braut heimführen sollte; es ist doch sicherlich nicht nötig die Erfüllung ihrer Hoffnungen denen unmöglich zu machen, die die Erwartung hegen, dass sich ihre Lebensumstände glücklich gestalten. 30 Zweitens damit sie nicht mit dem Körper ins Feld ziehen, im Geiste aber zurückbleiben; denn es ist natürlich, dass ihr Sinn dorthin gerichtet ist im Verlangen nach dem Genuss des Guten, von dem sie weggerissen wurden. Denn sowie die Hungernden oder Dürstenden, sobald Speise oder Trank irgendwo sichtbar wird, eilends danach jagen und rennen in heftigem Verlangen nach ihrem Genuss, so werden auch die Krieger, die sich um die Gewinnung eines ehelichen Weibes oder eines Hauses oder eines Landgutes bemüht haben und die Hoffnung hegen zu dürfen glauben, dass der Zeitpunkt, da sie den Besitz antreten können, nahe sei, sehr ungehalten sein, wenn sie des Genusses beraubt werden, so dass sie zwar anwesend sind, aber nicht mit der Seele, dem besseren Teil, von dem das Gelingen oder Misslingen abhängt. 31 (6.) Diese und ähnliche Leute also, meint er, dürfe man zur Aushebung für den Heeresdienst nicht zulassen, sondern nur solche, die nicht von einem vorher bei ihnen auftretenden Gefühl beherrscht sind, so dass sie sich in freiem und unabhängigem Drange ohne Ausflüchte den Gefahren unterziehen können. Denn sowie eine volle Rüstung einem schwachen oder schadhaften Körper nichts nützt, weil er sie wegen seines Unvermögens von sich werfen wird, ebenso wird ein starker Körper zugrunde gerichtet durch eine Empfindung der leidenden Seele, die zu der augenblicklichen Lage der Dinge nicht stimmt. 32 Mit Rücksicht darauf unterzieht er nicht nur Hauptleute, Oberbefehlshaber und die anderen Führer des Heeres, sondern auch jeden einzelnen Krieger einer genauen Beurteilung und prüft, wie es mit ihrer körperlichen Beschaffenheit und mit der Ruhe ihres Geistes bestellt ist: den Körper untersucht er, ob er auch fehlerlos, ob er durch und durch gesund, ob er in allen seinen Teilen und Gliedern gut gebaut ist für die einem jeden von ihnen zukommende Haltung und Bewegung, die Seele, ob sie voll Kühnheit und Wagemut, ob sie unerschrocken und von [381 M.] edelmütigem Sinn erfüllt, ob sie ehrliebend ist und einem
Philon: Ueber die Tugenden (De virtutibus) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 327. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonVirtGermanCohn.djvu/015&oldid=- (Version vom 31.10.2017)