Seite:Proehle Rheinlands Sagen und Geschichten.djvu/38

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gegen sie fortsetzen ließ, hielten sie es für ein großes Glück, zugleich mit dem Tempel zu Jerusalem unterzugehen. Alsbald sah man einige sich in die Schwerter der Römer stürzen. Andere töteten sich gegenseitig oder gaben sich selbst den Tod, manche aber sprangen in’s Feuer. Die Sage nun aber erzählt, daß nach der Zerstörung des Tempels zu Jerusalem viele Juden nach Worms gekommen seien. Ja, es wird sogar behauptet, daß dies schon ungefähr sechshundert Jahre vor Christi Geburt und vor der Zerstörung ihres Tempels durch Titus nach der Zerstörung des ersten Tempels der Fall gewesen sei. Später soll dann der Hohepriester zu Jerusalem die Juden in Worms aufgefordert haben, nach Jerusalem zurückzukehren. Die Widerspenstigen bedrohte er sogar mit dem Fluche Jehovah’s. Allein die Juden hatten bei ihrem Abzuge aus Jerusalem Erde von den heiligen Stätten daselbst mitgenommen. Diese hatten sie unter die Grundmauer ihrer Synagoge zu Worms vergraben. Sie antworteten daher dem Hohepriester zu Jerusalem, daß für sie in Worms das gelobte Land sei. Noch jetzt zeigen die Juden von Worms die Erde aus Jerusalem auf ihrer Begräbnisstätte, mit deren Grund und Boden ihre Vorfahren das mitgebrachte Erdreich gleichfalls vermischt haben sollen.

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)