Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/278

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„Sie fühlte sich am Sonnabend, gleich nach unserer Rückkehr aus dem Park, schon nicht mehr wohl. Die Ärzte können die Krankheit noch nicht erkennen. Sie hat keinerlei Schmerzen, sie klagt nur, daß, wenn sie einschlafen wolle, neben ihr jene rothaarige Dame erscheine, der wir damals begegnet sind, und sie so furchtbar anschaue, daß die Kleine schreiend im Bett aufspringt und fortlaufen will.“

„Das sind Fieberphantasien,“ sagte er schnell.

„Gerade das ist merkwürdig, daß ihre Temperatur normal ist. Aber ich kenne die Quelle ihrer Krankheit,“ flüsterte Ada mit der Kraft tiefster Überzeugung.

Voll scheuer Ratlosigkeit schaute er in ihr bekümmertes Gesicht.

„Sie hat sie verhext!“

„Wer?“ Unwillkürlich sah er sich um.

„Dieser rothaarige Vampir! Diese furchtbare Unbekannte!“

„Daisy!“ Er wich entsetzt zurück, ein furchtbarer Gedanke war ihm gekommen. „Das ist unmöglich, die Furcht hindert dich, klar zu sehen. – Das ist ja geradezu undenkbar,“ sprach er hastig, als wollte er den Klang des Namens ersticken, den er so unbedacht ausgesprochen hatte.

„Ich bin davon aufs tiefste überzeugt! Ich weiß nur nicht, warum und wofür? Doch verflucht sei jene böse, nichtswürdige Gewalt! Sie sei verflucht!“ sagte Ada drohend, ihre Augen schossen Blitze eines gewaltigen Hasses. „Ich werde mein Kind verteidigen, auch wenn ich selbst dabei zum Opfer fallen sollte. Was hat das Kind jemandem zuleide getan?

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/278&oldid=- (Version vom 1.8.2018)