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Der Heiner und der Brassenheimer Müller.


Eines Tages saß der Heiner ganz betrübt in einem Wirthshaus, und dachte daran, wie ihn zuerst der rothe Dieter und darnach sein eigener Bruder verlassen haben, und wie er jetzt allein ist. „Nein, dachte er, es ist bald keinem Menschen mehr zu trauen, und wenn man meint, es sey einer noch so ehrlich, so ist er ein Spitzbub.“ Unterdessen kommen mehrere Gäste in das Wirthshaus, und trinken Neuen, und wißt ihr auch, sagte einer, daß der Zundelheiner im Land ist, und wird morgen im ganzen Amt ein Treibjagen auf ihn angestellt, und der Amtmann und die Schreiber stehen auf dem Anstand? Als das der Heiner hörte, wurde es ihm grün und gelb vor den Augen, denn er dachte, es kenne ihn einer, und jetzt sey er verrathen. Ein anderer aber sagte: „Es ist wieder einmal ein blinder Lerm. Sitzt nicht der Heiner und sein Bruder zu Wollenstein im Zuchthaus?“ Drüber kommt auf einem wohlgenährten Schimmel der Brassenheimer Müller mit rothen Paus-Backen und kleinen freundlichen Augen daher geritten. Und als er in die Stube kam, und thut den Kameraden, die bei dem Neuen sitzen, Bescheid, und hört, daß sie von dem Zundel-Heiner sprechen, sagt er: ich hab schon so viel von dem Zundelheiner erzählen gehört. Ich möcht ihn doch auch einmal sehen. Da sagte ein anderer: „Nehmt euch in Acht, daß ihr ihn nicht zu früh zu sehen bekommt. Es geht die Rede, er sey wieder im Land.“ Aber der Müller mit seinen Pausbacken sagte: „Pah! ich komm noch bei guter Tagszeit durch den Fridstädter Wald, dann bin ich

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/246&oldid=- (Version vom 1.8.2018)