Ob sie in Sorgen wacht, ich weiß es nicht,
Ob sie das schöne Haupt geneigt zum Schlummer —
Vielleicht, o Gott, gebeugt der strengen Pflicht
Muß jetzt sie lächeln unter ihrem Kummer.
Doch weiß ich Eins: Mit ihrem Schmerz allein
Wildschluchzend bebt sie auf in heißem Sehnen —
Ich weiß, auch sie — auch sie gedenket mein
Und heimlich trocknet sie die stillen Thränen.
Es ist mein Stern aus seiner Bahn gegangen
Und seiner Pole Umsturz ward vollbracht.
Nun wandel’ ich am Tage traumbefangen
Und grübelnd bang durchwach’ ich meine Nacht.
Ich blick’ empor, und meine Sinne irren
Befremdet in der dunkeln Welt umher.
Sind es nur Nebel, die den Weg mir wirren,
Sperrt ewig ihn das abgrundtiefe Meer?
Noch glüht ein Schimmer mir aus Wolken nieder,
Ein ferner Hoffnungsstrahl, der sie durchbricht.
O raub’ ihn nicht! Gieb mir das Leben wieder!
Geliebte Sonne, gönne mir dein Licht!
Das Bild war ihrer Hand entfallen. Mit Erstaunen sah ich, daß es den Menschen darstellte, an welchem sie heut so kalt vorübergegangen war. Und jetzt — unbegreiflich — erfaßte sie wieder das Bild und drückte ihre Lippen darauf — gerade wie es der Mensch mit jener Haarlocke gemacht. Ich weiß jetzt, daß dies das Zeichen
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/103&oldid=- (Version vom 20.8.2021)