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vielleicht darin liegen, daß die kirchlichen Almosenempfänger hier oder da nicht mitgezählt worden sind. – In den einzelnen Bürgermeistereien haben die Zahlen der einen Kategorie zu denen der anderen ein ganz verschiedenes Verhältniß. Vergleicht man z. B. die Städte Rheinberg und Xanten, so verhält sich die Zahl der zeitweise Unterstützten zur Zahl der fortlaufend Unterstützten in jener ungefähr wie 1 : 2, in dieser dagegen wie 15 : 1. Da solche Unterschiede unmöglich eine innere Begründung haben können, so dürfen wir auf die Auseinanderhaltung jener beiden Kategorien keinen großen Werth legen. Vergleicht man die Zahl der Einwohner, welche in jeder Bürgermeisterei auf je einen Unterstützten fallen, so finden sich ebenfalls große Ungleichheiten, wie sie allein durch die Verschiedenheit des Wohlstandes nicht motivirt werden können. Gleich große Verschiedenheiten würden sich ergeben, wenn man ermitteln wollte, wie viel Thaler durchschnittlich jeder Unterstützte in jeder Bürgermeisterei erhalten hat. Das Ganze gewährt die Überzeugung, daß nach sehr verschiedenen Grundsätzen verfahren wird, vielleicht auch, daß die Angaben mangelhaft sind.

Bei Rheinberg sind als aus selbstständigen milden Stiftungen verwendet 705 Thlr. aufgeführt. Dieselben sind aus dem Fonds des sogenannten Gasthauses geflossen, welches durch Verfügung der Kgl. Regierung vom 8. September 1853 als eine selbstständige nicht mit anderen Armenfonds zu confundirende Stiftung anerkannt worden ist. Der Vorstand besteht aus dem katholischen Pfarrer, dem Bürgermeister, 4 gewählten Mitgliedern, welche durch Cooptation ergänzt werden, und dem Rendanten. Die Stiftung besitzt zwei Häuser und zwei Gärten, welche den von ihr aufgenommenen Armen zur Wohnung und Benutzung übergeben sind, ferner 69 Morgen Grundeigenthum mit einem Pachtertrage von 380 Thlrn., eine Naturalrente von jährlich 10 Scheffel Waizen, und ein Kapital von 18904 Thlrn. mit einem Zinsertrage von 811 Thlrn. Die Gesammteinnahme beträgt durchschnittlich jährlich 1226 Thlr. Von dieser Summe wurden im Jahre 1860 705 Thlr. für die Armenpflege in der Stadt, der Rest zur Unterhaltung der im Gasthause untergebrachten Armen und Waisen, sowie zu Reparaturen und zur Beschaffung von Utensilien verwandt. Im Jahre 1861 wurden durchschnittlich täglich 14 Personen im Gasthause verpflegt. Seit Ende des genannten Jahres ist eine mit letzterem in Verbindung stehende Krankenanstalt, das St. Nicolaushospital in Wirksamkeit getreten. Die Stiftung ist ausschließlich katholisch.

Auch in Orsoy besteht ein sogenanntes Gasthaus. Seit dem 17. Jahrhundert in den Händen der evangelischen Gemeinde, obwohl auch katholische Arme unterstützt wurden, ist das Vermögen im Jahre 1860 in Folge eines Processes unter beide Gemeinden getheilt worden. Dasselbe erträgt an Zinsen und Pächten 66 Thlr. jährlich. Außerdem besitzt die Stiftung ein Haus, in welchem sich zwei Wohnungen für evangelische und zwei für katholische Arme befinden.

Die öffentliche Armenpflege wird je nach dem Ermessen der Armenverwaltungen in verschiedener Weise gehandhabt, theils durch Darreichung von Geld, theils durch Gewährung von Unterstützungen in Kohlen, Brod, Kleidungsstücken und anderen Naturalien, in einigen Gemeinden auch durch Aufnahme in ein öffentliches Armenhaus. Letzteres ist namentlich in Xanten der Fall, wo neun meist alte sogenannte Armenhöfe bestehen, in welchen gegenwärtig 100 Personen untergebracht sind. Es sollen hier nur solche Individuen aufgenommen werden, welche sich eine eigene Wohnung nicht beschaffen können; die große Zahl der vorhandenen öffentlichen Wohnräume dürfte aber gerade dazu beigetragen haben, die Zahl jener Personen so hoch zu steigern. – In Moers und Capellen besitzen die evangelischen Gemeinden, in mehreren anderen Orten die Civilgemeinden kleine Armenhäuser, in welchen Arme und Sieche Wohnung und zum Theil auch Verpflegung finden.

Die Behandlung der armen Kranken geschieht durch die von den Gemeinden hierzu angenommenen Ärzte, welche hierfür ein kleines Gehalt beziehen. In den Bürgermeistereien Emmerich und Neukirchen ist die Armenkrankenpflege eine kirchliche, und in den kleinen Gemeinden Orsoy Land und Winterswyk gibt es keine Armen. Was in den übrigen Bürgermeistereien für die Gehälter der Armenärzte und für Medizinkosten aufgebracht wird, ergibt folgende Übersicht (Seite 112.)

Für die Pflege armer Kranken geschieht in Xanten und Umgegend viel durch die daselbst wohnenden Schwestern vom h. Kreuze; sie wohnen zur Miethe, werden durch milde Beiträge unterhalten, haben eine Kinderverwahrschule und üben Krankenpflege im Hause und außerhalb desselben. In Rheinberg sind Schwestern aus dem St. Clemens-Hospital zu Münster in ähnlicher Weise und zugleich als Pflegerinnen in dem St. Nicolaus-Hospital thätig. In dem weiter unten im 18. Abschnitt zu erwähnenden Krankenhause Bethanien zu Moers, welches vornehmlich auch zur Unterbringung armer Kranken von den Gemeinden der Umgegend benutzt wird, wirken zwei Kaiserswerther Diakonissinnen.

Die öffentliche Armenpflege der Gemeinden bethätigt sich ferner in der Besoldung der Hebammen, welche verpflichtet sind, arme Wöchnerinnen unentgeltlich zu bedienen, und endlich im Erlaß des Schulgeldes