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Reinhold Steig: Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen

witt as Snee un so
rot as bloot un as se
dat sah so freute se
sik so dat se sturv.

Dar begrob eer Man
se unner den Machan-
delboom.

witt as Snee un so
root as Bloot; un as
se dat sah, so freute
se sik so, dat se sturv.

Dar begrob eer Man
se unner den Mahandel-
boom.

witt as Snee und so
rood as Blood; un as
se dat sach, so freute
se sick so, dat se sturv.

Daar begroof eer
Mann se ünner den
Machandelboom.

Man erkennt, daß Arnim und Büsching, der letzte nur die Schreibung abgleichend, gegen den Text bei Grimms zusammenstehen. Büsching hat das Märchen, wie seine Anmerkung S. 451 besagt, direkt aus der Zeitung für Einsiedler entlehnt und thatsächlich auch Arnims Irrtum betreffs der Vornamen Runges (das Kindermärchen sei „nacherzählt von Ph. D. Runge“) unberichtigt beibehalten. Aber Grimms?


b) Der Fischer.

Brentano, der Runges Originalhandschrift in Händen hatte, nannte das Märchen Runge selbst gegenüber „Buttje Buttje“. Bei Büsching heißt es „Von den Fischer und syne Fru“. Grimms bieten „Von (Register: Van) den Fischer un siine Fru“. Ich glaube, daß sowohl dies wie das vorige Märchen in Runges Manuskript keine Überschriften hatten: niemals werden in Briefen zwischen Runge, Zimmer und Arnim die beiden Märchen bei einer Überschrift genannt. Arnim erst gab, wie er bei den Volksliedern des Wunderhorns auch verfuhr, dem ersten Märchen bei der Veröffentlichung die Überschrift. Diese Annahme, wenn sie zutrifft, würde leicht erklären, woher es kommt, daß die Schreibung des Titels (Ma[c]handel-Bohm) von der des Rungeschen Textes (Machandelboom) abweicht; und dann folgte daraus, daß nur die Form „Machandelboom“ mit ch, nicht die erste (durch Druckfehler bei Arnim entstandene) Form „Mahandelboom“ mit h, die Büsching durchführt, der ursprünglichen Absicht Runges entspräche. Der so geformten Überschrift des ersten Märchens ist vielleicht schon von Arnim, vielleicht von Büsching die des zweiten nachgebildet worden, die in Grimms Sammlung überging. Büsching sagt in der Anmerkung S. 452 über das Märchen: „Soll auch aus der Erzählung des verstorbenen Mahlers Runge aufgenommen sein und ward mir handschriftlich durch meinen Freund von der Hagen mitgetheilt.“ Die

Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen. Georg Westermann, Braunschweig 1907, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Entstehungsgeschichte_Maerchen_Sagen_Grimm.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)