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zwei Tagen schon völlig fertig und belebt haben. So rasch geht das nicht, sagte sich der Uhrmacher. Denn jede Uhr ist ein Leben, eine Welt für sich, von der großen Stadtuhr mit ihrem Baßbimmen angefangen, bis auf das kleinste Ührchen, das die noble Dame am Busen trägt und dessen Herzschläge so fein sind und zart, wie das Rascheln eines einsamen Blattes in einer schwülen Mittsommernacht. Die Uhren, die er um sich hatte, waren ihm lebende Wesen, eines anders als das zweite, und jedes von gleichem Interesse für ihn.

Daß Schulim jetzt über sich nicht nachdachte, wundert ihr euch etwa? In einer schweren Zeit, wo der Einzelne um so kleiner wird, je wuchtiger die Zeit ihn anpackt, kommt man so selten dazu. Der Hunger, die Furcht, der Mangel waren derartig, daß man nicht einmal Gott zu lästern Zeit fand.

Schulim trieb sich stundenlang herum. Sie waren hungrig bei ihm zuhaus. Er war auf der Suche nach Brot, nach Milch, nach Zucker. – Sich suchte er nicht. Auch hatte er noch keine Augen für das, was den Anderen widerfuhr.

* * *

Wie er ins Arbeiten kam, kam er auch wieder ins Denken. Er zog den Schulim der letzten Wochen hervor, gleichsam wie man einen vergessenen Ring aus der Westentasche hervorholt, stellte ihn vor seine Lupe und guckte, prüfte ihn bis auf die Nieren – –

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Sternbach: Wenn die Schakale feiern. Weckruf-Verlag, Weimar 1917, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:SternbachWennDieSchakaleFeiern.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)