Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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werde. Sehet einen dritten: Dieser misset sein Behältniß gravitätisch aus; eine Person von grosser Vorsicht und Einsicht, obschon er stets im Finstern behalten wird; er gehet mit abgemessenen Schritten, und ersuchet euch mit gehörigem Anstand und Ceremonie um ein Allmosen; er redet viel von schweren Zeiten, von Auflagen, und von der Babylonischen Hure,[1] macht die Fensterläden vor seiner Celle ordentlich um acht Uhr zu, träumt von Feuer, von Spizbuben, Hofkunden und privilegierten Orten. Was würde ein so qualificirter Mann nicht für ein Ansehen machen, wenn er zu seinen Brüdern in die Stadt geschikt würde? Ein vierter ist in tiefen Gedanken, und beisset so oft es die Sache erheischet, an dem Daume. Seine Mine zeiget, mit was für wichtigen Geschäften, und grossen Vorhaben er umgehe, bisweilen geht er mit schnellen Schritten auf und ab, und siehet dabey starr auf ein Papier, welches er in der Hand hält. Er sparet die Zeit überaus, hat etwas dike Ohren; ein kurzes Gesicht, und noch ein kürzeres Gedächtniß. Er ruhet nimmer, hat und macht sich stets alle Hände voll zu thun, und auf die berühmte Kunst von wichtigen Nichtigkeiten zuflüstern, versteht er sich recht vortreflich. Er ist ein grosser Abgötter und Verehrer einsilbichter Wörter, und des Aufschubs; so sehr bereit einem jeden sein Wort zu geben, daß er es niemals hält. Einer der die gemeine Bedeutung
- ↑ Dieses gehet auf die grossen Kaufleute unter den Quäkern und Presbyterianern, welche alle sehr gravitätisch thun, und das Geld lieben.
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/227&oldid=- (Version vom 1.8.2018)