Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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aber dieses von jedermann zugestanden wird, so ist man doch wegen der Ursach darum es so seyn muß, gar nicht einig, und wenn ich es sagen darf, so bedünkt mich daß wenig Philosophen auf eine richtige und natürliche Auflösung dieser Erscheinung gefallen sind; die richtigste und best überlegte Erklärung welche ich angetrofen, ist wol diese: daß da die Lust ein schwerer, und folglich (nach dem System des Epicurs) ein stets niederdrükender Körper ist, so muß diese drükende Kraft derselben nothwendig desto grösser werden, wenn sie noch mit Wörtern beladen, und von denselben gedrüket wird, indem die Wörter ebenfalls Körper von grossem Gewicht und Schwere sind, wie aus dem tiefen Eindruk erhellet, welchen sie auf uns machen und zurüklassen: Daher sie von einer gehörigen Höhe herunter geredet werden müssen, wenn man haben will, daß sie ihren Zwek erreichen, und den gehörigen Nachdruk haben sollen.
Corpoream quoque enim vocem constare fatendum est,
Et sonitum, quoniam possunt impellere sensus.
Lucret, lib. IV.[WS 1]
Und dieser Meinung trete ich auch um so viel williger bey, als eine gemeine Anmerkung sie sehr zu bekräftigen scheint: Ich habe nemlich wahrgenommen, daß bey den verschiedenen Versammlungen da diese Redner auftreten, die Natur selbst ihre Zuhörer lehret, mit aufgesperrten, und dem Horizont parallel gelegten Mäulern zu stehen,
- ↑ Lukrez: De rerum natura (Über die Natur der Dinge) IV, 526–527
Denn daß der Ton wie der Schall ein körperlich Wesen hat, darf man
Wohl nicht füglich bestreiten: sie können die Sinne ja reizen.
Übersetzt von Hermann Diels, 1924
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)