Doch was nahmt ihr mit ins Jenseits,
als ihr mußtet scheiden?
Ukraine, die Geschichte
les’ ich deiner Schmerzen
deutlich hier, und tiefe Trauer
regt sich mir im Herzen.“
Dann versetzt sich die Phantasie des Dichters in die Zeit Peter des Großen und beschwört den Schatten des schon erwähnten Hetmans Pawlo Polubotok. Der Dichter glaubt also dessen Stimme zu vernehmen:
„Ganze Regimenter schickte
Hluchiw[1] auf die Reise,
nur mit Spaten ausgerüstet
an die große Pfütze,
und ich zog als Titel-Hetman
mit an ihrer Spitze.
– Weh mir, gütiger Erbarmer! –
Zar, du gottverfluchter,
rede, nimmersatter Satan!
Sage, du Verruchter,
was geschah mit den Kosaken?
Sümpfe auszugleichen
nahmst du ihr Gebein und bautest
über ihren Leichen
deine Residenz. Im Kerker
bis zum Tod gepeinigt
hast du mich, den freien Hetman.
Ewiglich vereinigt
bleiben wir durch scharfe Fesseln;
diese zu zerstücken
könnt es Gott, dem Mächtigen, selber
nie und nimmer glücken …!“
Nachdem diese Stimme verklungen ist, wird der Himmel von einer Wolke weißer Vögel bedeckt; es sind die Seelen der Kosaken, die an der Trockenlegung der Sümpfe an der Newa arbeiten mußten und umkamen, als Peter der Große die neue Hauptstadt bauen ließ. Sie schreien wehklagend und verfluchen ihren Unterdrücker:
- ↑ Eine wichtige ukrainische Stadt während der Hetmanenzeit.
Alfred Anton Jensen: Taras Schewtschenko. Ein ukrainisches Dichterleben. Adolf Holzhausen, Wien 1916, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Taras_Schewtschenko._Ein_ukrainisches_Dichterleben._Von_Alfred_Jensen_(1916).djvu/146&oldid=- (Version vom 7.10.2018)