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Kleines, o über ein Kleines, da ist der ewige Frühling da, der keinem Winter mehr weicht. Nur selig, nur selig mache Er uns durch Sein teures Blut! Wie gering werden uns die Leiden dieser Zeit dann erscheinen!

 Meine Blauen Schülerinnen in diesem Semester waren leider zum Teil so geringe, unfähige Leute, daß wir sie wieder aus der Schule getan und fürs erste in die Arbeit gestellt haben. Unsere Grüne Schule ist so groß wie seit Jahren nicht mehr, aber fürs Diakonissentum gibt’s immer nur wenige. Nächsten Sonntag ist eine Einsegnung. Anna Lutz, die nach Amerika geht, wird zur Diakonissin eingesegnet...

 In inniger Liebe

Deine Therese.


An die Mutter.
Neuendettelsau, im August 1874

 Meine liebste Mutter,... am 12. August haben wir ein fröhliches Fest gefeiert. Es fand die jährliche Generalversammlung des Vereins für weibliche Diakonie statt. Vormittags war Gottesdienst und dann die geschäftlichen Verhandlungen. Nachmittags zog man mit Sang und Klang in den Wald, wo neben dem Kruzifix eine Kanzel errichtet war, die von drei Rednern bestiegen wurde: Herrn Pfarrer Volk, Herrn Pfarrer Wucherer und Herrn Pfarrer Müller aus Hessen, einem Freunde unseres Herrn Rektors. Um drei Uhr sollte die Feier beginnen; als man aber vom Diakonissenhaus wegziehen wollte, war kein Herr Pfarrer Volk da. Es war sehr komisch, als nun Herr Rektor in die große Versammlung hineinrief: „Eine große Belohnung demjenigen, der Herrn Pfarrer Volk auffindet!“ Als er herbeigebracht war, zeigte ihm Herr Rektor die Uhr, auf der es schon einige Minuten über drei Uhr waren, – eine große Sache für Herrn Rektors Pünktlichkeit! Eine Menge Bänke waren in den Wald geschafft worden. Man hörte zu und sang zwischenein und war fröhlich im Waldesgrün, durch das Sonnenstrahlen mild und warm leuchteten, die wir uns extra von Gott erbeten hatten, obwohl es am Morgen noch regnete. – Am 10. und 11. September soll nun zum erstenmal ein „Schwesterntag“ sein, an welchem so viel als möglich Diakonissen zusammenkommen zu allerlei Besprechungen

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Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 219. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/221&oldid=- (Version vom 20.11.2016)