Seite:Therese Stählin - Meine Seele erhebet den Herrn.pdf/44

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ihre Tochter die Ferien bei Ihnen zubringe. Die Hausordnung, die mit großer Strenge durchgeführt werden soll, verlangt dies.

 O liebste Mutter! was haben wir für eine herrliche Festzeit gehabt! Am Gründonnerstagabend bin ich zum heiligen Abendmahl gegangen, am Karfreitag haben wir zwei herrliche Predigten gehört, am Samstag eine Beichtvesper (Vorbereitungspredigt), in welcher Herr Pfarrer von den Freuden des Paradieses sprach. Während wir da lauschend zu seinen Füßen saßen, ist zu Hause eine reichbegabte, hochbegnadigte Jungfrau, eine rechte Diakonissin, verschieden. Es war Emma Linß. Sie war eine Heilige Gottes, wie Herr Pfarrer sie nannte, ein Liebling Jesu und Seiner Engel. „Wie herrlich ist’s, ein Schäflein Christi werden“, daran wurde man unwillkürlich erinnert, wenn man sie ansah. Reich ausgerüstet mit Gaben des Geistes und Gemüts, war sie die Krone unseres Hauses, der Liebling von Herrn Pfarrer, welcher selbst gesagt: „Ihr Tod tut meinem Fleisch auch weh.“ Ich werde, wenn ich komme, von ihr erzählen, von ihrem herrlichen Leben und schönen Sterben. [Siehe „Lebensläufe“ S. 11.] – Am Ostersonntag (daß ich meine Erzählung zu Ende bringe) hörten wir wieder zwei Predigten. Und welche Predigten! Wenn ich komme, lese ich sie Ihnen vor. Am Ostermontag hörten wir eine Predigt und eine kostbare Christenlehre, heute (am Tage der Empfängnis Jesu) wieder eine herrliche Predigt über die Jungfrau Maria und diesen Nachmittag die Leichenrede unserer lieben Emma. Herr, laß mich leben, laß mich sterben wie diese!

 Gott schenke uns ein fröhliches Wiedersehen!

Ihre dankbar Therese.


An ihre Mutter.
Neuendettelsau, den 14. Juni 1856

 Liebste Mutter, ...ich freue mich recht, Sie, liebe Mutter, und die lieben Geschwister wieder zu sehen; insonderheit freue ich mich, wenn ich meine gesammelten Schätze auskramen und Ihnen recht viel erzählen kann von den herrlichen Dingen, die wir hier hören. In der letzten Zeit habe

Empfohlene Zitierweise:
Therese Stählin: Meine Seele erhebet den Herrn. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1957, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Meine_Seele_erhebet_den_Herrn.pdf/44&oldid=- (Version vom 17.10.2016)