welche die Bienen kennen. Aber der Königin Haus ist gefriedet; in seinem Innern darf kein Zweikampf Statt finden. Die beiden Streitenden verlassen den Stock. Auf dem Flugbrette schon beginnt der Kampf. Wie Widder fliegen sie heftig mit den Köpfen gegen einander. Bald packen sie sich ergrimmt mit den Kiefern, krümmen sich gegen einander und zielen mit dem Stachel zwischen die Schienen des Hinterleibes. Die Getroffene sinkt augenblicklich sterbend zu Boden. Die Siegerin betrachtet meist den Todeskampf der Gegnerin mit gleichgültiger Miene, dreht sich etwa ein oder zwei Mal mit den Füßen um, offenbar in der Absicht, sich von ihrem Tode zu überzeugen und kehrt dann, fröhlich summend, in den Stock zurück. Das Duell zur Befriedigung verletzt geglaubter Ehre, wobei etwa durch einen zerfetzten Flügel der Ehre genügt wird, kennt die Biene nicht; – sie kämpft nur auf Leben und Tod, um ernsthafte Ursachen.
So naht der Spätsommer. Der Blumen werden weniger auf Wiesen und Feldern. Das Haidekraut, der Buchwaizen, die Obst- und Waldbäume haben längst abgeblüht und ihren süßen Tribut zu den Vorrathshäusern geliefert. Die Arbeiter kehren oft nach langem, ermüdendem Umherfliegen mürrisch heim, da sie keine Höschen, keine volle Honigblase zurückbringen. Die Drohnen versammeln sich hie und da in Haufen und berathen über den Verfall ihrer Renten. „Sind wir nicht der bevorzugte Stand,“ ruft eine Drohne übermüthig aus. „Stehen wir nicht in spezieller Gunst unserer hohen Herrscherin? Die Arbeiter sind unsere Leibeigenen, sie sind zur Arbeit verpflichtet; sie haben auch für uns gesammelt! Wir haben ein Recht, ein uns angeborenes Recht auf die Staatsgüter und deren Genuß.
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/125&oldid=- (Version vom 1.8.2018)