versteht. Monarchisch verdummt, in Sklaverei erzogen, in harter Arbeit verkümmert, begnügt sich das arbeitende Bienenvolk mit dem unmittelbaren Vortheil, den ihm seine Rache bringt, denkt es nicht daran, diesen Vortheil für die Zukunft fest zu stellen. Ihr wollt Revolutionen machen? Ihr glaubt, ein Handstreich in der Hauptstadt genüge, die Republik herzustellen, die Gleichheit der Bürger zu befestigen? Ihr glaubt Freiheit, Bildung, Wohlstand für Alle dekretiren zu können? Mag auch Euer Unternehmen gelingen für den Augenblick, es wird nicht auf die Dauer sein, wenn der geistige Entwicklungsgrad der Gesammtheit Euren Anforderungen nicht entspricht. Ihr gebt Allen gleiches Recht – und die Mehrzahl, die gewohnt ist, sich unter das Joch zu beugen, sucht sich ein neues Joch, wenn das alte zerschmettert ist, und wendet sich nach der Schlacht von den Vorkämpfern ab. Ihr könnt nur das erringen, was in dem Bewußtsein der Masse liegt, nur das feststellen, was für sie unumstößlicher Glaubenssatz geworden ist.
Aber auch Ihr, konstitutionelle Reformer, nehmt Euch ein Exempel dran. Die friedliche Entwicklung führt uns stets mehr und mehr zur Sklaverei – aus dem konstitutionellen Staat entwickeln sich bei legalem Fortschritte nothwendig russische Zustände. Katharina II. mit ihren Bojaren und Höflingen, mit den russischen Kommunaleinrichtungen und den arbeitenden Leibeigenen – und die Bienenkönigin mit ihren Drohnen und dem zahllosen Volke der Arbeiter – wo ist der Unterschied? Dort durchziehen racheschnaubende Bauern das Gebiet des Reiches, zerstören Schlösser, zünden Höfe an, braten die Herren bei langsamem Feuer – alljährlich, mit grauenerregender Regelmäßigkeit, kehren diese Scenen wieder: – bringen sie mehr Besserung als die
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/133&oldid=- (Version vom 1.8.2018)