werdet; Ihr glaubt der Stimme der Natur so wenig, wenn sie durch die Thiere, als wenn sie durch den Menschen spricht – Ihr habt das Seufzen des Volkes in seinem Unglücke, die Donnerstimme seines Zornes in seiner Erhebung nicht gehört – Ihr hört nicht das dumpfe Brausen, welches unter Euren Füßen durchzieht und den Boden des alten Europa’s mit leisen Schwingungen durchzittert – Ihr werdet auch nicht hören, was die Biene mit leisem Summen Euch in die Ohren raunt!
Die Bienen gehören zu jener unendlich zahlreichen, über die ganze Landoberfläche des Erdballs verbreiteten Klasse der Insekten, welche unter den wirbellosen Thieren in vielfacher Beziehung die Rolle spielt, die den Vögeln unter den Wirbelthieren zugefallen ist. Wie diese, leben sie meist in der Luft, fliegend und hüpfend; wie diese wetteifern sie an Mannigfaltigkeit der äußeren Gestalt, an herrlichen Farben. Die Insekten haben alle einen deutlich geschiedenen Kopf, welcher Augen, Fühlhörner und die mannigfach gebildeten Mundtheile trägt, einen Mittelkörper, dessen Ringe auf der Unterfläche drei Paar Beinen, auf der Oberfläche bis zu zwei Paar Flügeln zum Ansatz dienen, und einen geringelten Hinterleib, in welchem das Herz, die Verdauungs-, Athmungs- und Geschlechtsorgane sich befinden. Diesem allgemeinen Organisations-Gesetze gemäß ist auch die Biene gestaltet. Ihr Kopf sitzt auf einem kurzen, dünnen Halse, auf dem er sich leicht nach allen Seiten hin dreht; zwei peitschenförmige, aus einer kurzen Handhabe und einem gegliederten Ende zusammengesetzte Fühlhörner, einem Kantschu an Gestalt ähnlich, sind an der vorderen Seite dieses Kopfes befestigt. Zu beiden Seiten liegen zwei gewaltige Augen, aus tausenden von mikroskopischen
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)