Nahrung reicht er ihnen dann! Das ist das paternelle, väterliche Regiment des Menschen über die lehenspflichtigen, leibeigenen Bienenstaaten. Laune und Willkür sind in solchen patriarchalischen Verhältnissen das einzige Gesetz; das Eigenthum hat nur in so fern Geltung, als es dem Herrn gehört, und wenn er aus Eigennutz zuweilen seine verhungernden Unterthanen ernährt (er nahm ihnen ja früher ihre Vorräthe), so verlangt er dafür noch Dank und Belohnung durch verdoppelte Arbeit. Wir wenden von diesem egoistischen Raubsystem unsere Blicke ab – das Bewußtsein unserer Zeit hat darüber gerichtet, und der Augenblick wird kommen, wo auch die Biene ihres ursprünglichen thierischen Rechtes sich bewußt, dasselbe sich von den Sternen holen wird, wenn sie es nicht auf Erden erhalten kann.
Die erste Arbeit der Bienen, nachdem sie die neue Wohnung bezogen, besteht in der Verklebung und Verstopfung aller Zugänge bis auf ein kleines Flugloch; – in der gänzlichen Absperrung alles Lichtes, welches in das Innere des Stockes dringen könnte. Auf den Knospen und Sprossen der Pappeln, der Roßkastanien, der Eichen und vieler anderer Bäume kratzen die Arbeiter mit ihren Kiefern eine klebrige harzige Masse ab, welche die Außenseite dieser Sprossen überzieht, sammeln diese Masse in ihren Körbchen und brauchen sie dann zu Hause zu dem Zwecke der Verfinsterung. Mit diesem Stopfwachse werden nicht nur Ritzen, Luftlöcher und Spalten, sondern auch die Gläser verklebt, welche Licht in den Bienenstock einlassen könnten, so daß nicht sowohl Abhaltung der Feinde, des Luftzuges, der Kälte oder des Regens, sondern wesentlich Abhaltung des Lichtes Zweck dieser Verklebung ist.
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/72&oldid=- (Version vom 1.8.2018)