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die uns bei der erschütterten Stellung Scherifoffs gewagt vorkam; wahrscheinlich liefen wir Gefahr, im kritischen Augenblick zwischen zwei Stühlen zu sitzen.

In dieser Verwirrung leistete Hyvernat auf die russische Protektion mit dem Vorbehalt Verzicht, die Genehmigung des Gesandten zuerst nachzusuchen. Aber davon wollte der Wali nichts hören: alles oder nichts, und zwar sollten wir uns sofort entscheiden.

Ich trieb Hyvernat an, einfach auf den russischen Schutz zu verzichten. Wir hatten ja die Briefe des Vezirs, und dem Wali waren Anweisungen von Konstantinopel zugegangen; von Amts wegen konnte er uns keine Hindernisse mehr in den Weg legen, und wenn er an uns zum Verräter werden wollte, konnte er dies auch dem russischen Schutz zum Trotz. Ich sagte mir weiter, daß es dem Wali im Grunde genommen nur darum zu thun sein konnte, dem russischen Konsulat Schach zu bieten; und da der russische Gesandte uns nur einen offiziösen Schutz angedeihen ließ, so sah ich auch keinen Grund, ihm dieses Schach zu ersparen. Es schien mir das klügste, uns auf den Wali zu verlassen; unsere Köpfe verhalfen Khalil Pascha zur Befriedigung seines Hochmutes. Die Folge wird zeigen, daß meine Berechnung richtig war. Wir verzichteten also auf den russischen Schutz.

Nachdem dieser große Entschluß gefaßt war, bot uns der Wali auf unsere Bitte um Zabtiehs einen Offizier seines Hauses als „Führer“ an und verlangte die Liste der Orte, die wir zu besuchen beabsichtigten. „Wenn Sie gesagt hätten, daß Ihr Zweck der sei, die Keilinschriften zu photographieren, würde niemand Sie daran verhindert haben,“ fügte er hinzu. Ist es bald genug, Schurke? Wie oft hatten wir es gesagt und wiederholt!

Überhaupt wollte der Wali den russischen Konsul bei Seite schieben und sich an uns durch seine Drohungen und Grobheiten rächen für die Verweise, die er von Konstantinopel erhalten hatte. Seinen Zweck hatte er erreicht; es blieb uns jetzt noch übrig zu erfahren, wie er seine Versprechungen halten würde.

Was die Angelegenheit des Passes unseres Reisegefährten Nathanael betrifft, so erklärten wir dem Wali ohne Umschweife den Sachverhalt, wobei wir unsere Verantwortlichkeit erfüllten, da wir dazu berechtigt waren. wenn Nathanaels Paß auch von Sascha Isaak benutzt worden war, so lag das Vergehen auf der Seite des türkischen Vizekonsuls und nicht auf der unsrigen.

Bei der Erwähnung unserer Gepäckangelegenheit versichert uns der Wali, daß er auf vier Depeschen hin stets die Antwort bekommen habe, daß wir mehr als 12 Kilo Pulver in dem Gepäck hätten, ferner eine große Anzahl Patronen und viele photographische Apparate. Wir hatten aber nur 2500 Gramm Pulver, das zu Geschenken für die kurdischen Häuptlinge bestimmt war, die uns Gastfreundschaft gewährten. Entweder mußten die Zollbeamten schauderhafte Lügner sein oder große Dummköpfe, die unsere Konservenbüchsen für Pulverdosen ansahen, oder aber, was ja auch möglich war, sie hatten wirklich diese Menge Pulver in unser Gepäck gestopft. Vielleicht – und dies auch nicht ausgeschlossen – war die ganze Geschichte nur eine ungeschickte Erfindung des Wali, der dadurch die gegen uns getroffenen Maßregeln zu rechtfertigen suchte. Wir erklärten dem Wali, daß wir nur 2500 Gramm Pulver und einige Hundert Patronen in unserem Gepäck hätten, was mehr an Pulver darin gefunden würde, gehöre nicht uns. Er teilte uns darauf mit, daß

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Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)