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eine Lage von Rohr oder Palmfasern gelegt. Wir sahen eine solche Matte auf einem Teil einer frisch eingestürzten Mauer.

Um elf Uhr verließen wir diese Ruinen, wo jeder interessante Gegenstand seit Jahrhunderten schon verschwunden ist, und die nichts Anziehendes haben als ihre unsagbare Melancholie und die Erinnerungen, die sie wecken.

El Kasr ist ein anderer Hügel benannt, der die Trümmer eines Palastes Nabuchodonosors enthält; hier starb Alexander der Große (323); etwas weiter befindet sich der Hügel Amran, wohin man die hängenden Gärten verlegt. Dies ist alles, was von Babylon geblieben ist. Ganz gewiß kann man beim Besuchen dieser Schutthaufen von der Eitelkeit der menschlichen Dinge reden, wenn man bedenkt, welche riesenhafte Bauwerke der eiserne Wille und der Hochmut eines einzigen Menschen, Nabuchodonosors, hier aufgeführt hatten.

Das durch die Propheten verfluchte Babylon fiel nicht wie Ninive durch eine barbarische Eroberung. Es starb gleichsam eines langsames Todes. Nachdem Cyrus sich der Stadt im Jahre 538 bemächtigt hatte, verschonte er Stadt und Einwohner. Den ersten tiefgehenden Schlag versetzte Xerres 518 der Stadt, als er, um eine Empörung der Babylonier zu dämpfen, die Wälle zerstören und viele Einwohner umbringen ließ. Alexander wollte Babylon zur Hauptstadt der Welt machen; aber sein daselbst erfolgter Tod wurde das Signal zur endgültigen Zerstörung der Stadt; denn die Seleuciden bauten ihre Hauptstadt Seleucia an den Tigris, einige Stunden nördlich von Babylon.

Eine Wohnung der alten Hauptstadt wurde nach der andern verlassen. Da die Einwohner nach einander und aus freiem willen Babylon verließen, so nahmen sie auch ihre Reichtümer mit, wodurch es sich auch erklärt, daß die Nachgrabungen bis heute nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl interessanter Gegenstände zu Tage gefördert hat.

Ich will keine Beschreibung dieser ungeheuer großen Stadt versuchen, weil diese archäologische Arbeit bereits von andern geliefert worden ist, und ich ziehe es deshalb vor, den Leser auf die Beschreibung der Ausgrabungen zu verweisen.[1]

Große Wälder von Palmbäumen fassen die Ufer des Euphrat nach dem Verlassen des Hügels El Kasr ein. Bei Hilleh bilden sie eine reizende Oase.

Hilleh liegt auf dem rechten Ufer des Euphrat; die Ziegel der Paläste des großen Königs Nabuchodonosor, des Königs der Könige, haben beinahe alles Material zum Bau der Stadt geliefert, und man kann daselbst Zimmer sehen, deren Parkettplatten oft großartig den pompösen Titel des babylonischen Monarchen ankündigen.[2]

  1. Vergl. Rich, Memoires on the ruins of B. (London 1839) Layard, Discoveries in the Ruins of Niniveh and B. (London 1853) Oppert, Expédition en Mésopamie (Paris 1857–64) Kiepert, Karte der Ruinenfelder von Babylonien (Berlin 1883). Anmerkung des Übersetzers: Besonders empfehlenswert ist die Schrift „Assyrien und Babylonien“ von Dr. Fr. Kaulen. XII u. 286 S. Preis 4 Mark. Freiburg, Herder.
  2. Beinahe alle Ziegel tragen die Inschrift:
    „Nabu-Kudur-usur, König von Babylon, Erbauer der Pyramide und des Turmes, ich König von Babylon.“ Oppert, Bd. I, 142.
    Die Größe dieser Ziegel ist 0,32 : 0,35 : 0,075 m.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/341&oldid=- (Version vom 1.8.2018)