eine größere Wohnstube, die auch als Speisezimmer diente, und eine Erkerstube zum Empfang von Besuchen und als Aufenthaltsraum für im Hause weilende Gäste. Festsäle waren in gotischen Wohnhäusern selten vorhanden, da man zu festlichen Gelegenheiten in den Zunfthäusern und Trinkstuben sich zusammenfand.
Der einfachen Inneneinrichtung entsprechend war auch die Schauseite solcher Häuser sehr schlicht. In den ältesten Zeiten, als noch der Holz- und Fachwerksbau vorherrschend waren, kam die Architektur wenig zur Entwicklung. Erst an den steinernen Häusern bemerken wir etwas Formensinn, der sich naturgemäß am stärksten am Giebel und an den Portalen entwickelt, während die Fenstergewände ein einfaches, nach innen laufendes Profil erhalten. Die Giebel wurden vielfach in mehrere Reihen Fenster geteilt und seitlich abgetreppt oder mit Schnecken versehen.
Die glatte abgeschrägte Form des Giebels war in dieser Zeit verhältnismäßig selten. Besonders reich sind die Portale ausgebildet. Sie schließen fast immer im Rundbogen, selten in Spitzbogenform ab, sind sehr stark nach innen profiliert und auch öfter mit seitlichen Nischen und Sitzplätzen versehen. Dresden besitzt einige sehr schöne Portale von Wohnhäusern aus der Zeit der Renaissance, die jetzt am Königlichen Schlosse angebracht sind. Es sind dies das Tor des bereits erwähnten Kühn’schen Hauses am Taschenberge, und ein weiteres vom Hause Sporergasse 2. Beide Portale sind nach Gurlitt in der Zeit von 1560 bis 1580 entstanden.
Im übrigen finden sich in Dresden sehr wenig Überreste aus der gotischen Zeit. Von Wohngebäuden haben sich nur das Haus Ecke Schloßstraße und Wilsdruffer Straße, die mehrfach umgebaute Marienapotheke am Altmarkt und einige durch Umbauten sehr
Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/37&oldid=- (Version vom 26.11.2024)