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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

Kirche zu ihrer Verklärung zu kommen. Keinerlei Sonderung, sondern die Vereinigung der Kirche Gottes ist des dreieinigen Gottes größtes und liebstes Werk; aber freilich, ich rede von keiner Rechtfertigung, von keiner Freiheit und von keiner Einigung, als von der in Christo JEsu.

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 JEsus, das ist der Name, in welchem sich alle Kniee beugen, und mit welchem alle Zungen ihren HErrn bekennen sollen zur Ehre Gottes des Vaters. JEsus und Alles! In Christo JEsu liegen verborgen alle Schätze Gottes. Wer an den glaubt der hat alles was er bedürfen kann, ja mehr als er verstehen kann. JEsus, da ist mit zwei Silben ausgesprochen, was der Himmel in sich hält, und was die Kirche auf Erden zusammenhält. Am Namenstage JEsu find ich in diesem Namen alles, meine Rechtfertigung, den Glanz meiner Taufe, meine Absolution, die Herrlichkeit des Altarsakramentes. Alles heißt JEsus, und mit den zwei Silben spreche ich alles in allem aus. JEsus, das ist des Himmels Zier, der Beherrscher der Erde, das Haupt der Kirche und ihr Erlöser.

 Ich habe euch heute allerlei Inhalt des Textes vor Augen und Ohren gebracht, euch auch die Rechtfertigung gepriesen, am wenigsten habe ich vom Glauben gesagt, obwol ich weiß und innerlich überzeugt bin, daß wir gerechtfertigt werden, allein aus Glauben, und daß das Wort rechtfertigen im Paulinischen Sinne, ohne das Wörtchen allein gar nicht verstanden werden kann. Es lebt und stirbt mit dem Wörtchen allein. Dennoch habe ich vom Glauben und Unglauben so wenig geredet. Am Namenstag JEsu ist es, wie wenn sich das glauben von selber gäbe; des Namens Ton und Deutung fordert und weckt den Glauben, und in einer christlichen Gemeine, vor deren Ohren man liest: „Nun aber ist der Glaube kommen,“ muß man den Glauben nicht blos predigen, sondern voraussetzen können, denn der ist unsers Lebens Element. Todeswort und Todesschall ist alles, was gesagt ist, ohne Glauben.

Amen.




Am Sonntage nach dem Beschneidungsfeste des HErrn.

1 Petri 4, 12–19.
12. Ihr Lieben, laßet euch die Hitze, so euch begegnet, nicht befremden (die euch widerfährt, daß ihr versuchet werdet), als widerführe euch etwas Seltsames; 13. Sondern freuet euch, daß ihr mit Christo leidet, auf daß ihr auch, zu der Zeit der Offenbarung Seiner Herrlichkeit, Freude und Wonne haben möget, 14. Selig seid ihr, wenn ihr geschmähet werdet über dem Namen Christi; denn der Geist, der ein Geist der Herrlichkeit und Gottes ist, ruhet auf euch. Bei ihnen ist er verlästert, aber bei euch ist er gepriesen. 15. Niemand aber unter euch leide als ein Mörder, oder Dieb, oder Uebelthäter, oder der in ein fremdes Amt greift. 16. Leidet er aber als ein Christ, so schäme er sich nicht, er ehre aber Gott in solchem Fall. 17. Denn es ist Zeit, daß anfange das Gericht an dem Hause Gottes. So aber zuerst an uns, was will es für ein Ende werden mit denen, die dem Evangelio Gottes nicht glauben? 18. Und so der Gerechte kaum erhalten wird, wo will der Gottlose und Sünder erscheinen? 19. Darum, welche da leiden nach Gottes Willen, die sollen Ihm ihre Seelen befehlen, als dem treuen Schöpfer, in guten Werken.

 BEi den vier letzten Episteln, meine lieben Brüder, hatte es der Prediger, wenn er nämlich übersichtlich predigen wollte, nicht sehr leicht. Jede Epistel war eine kleine Bibel und umfaßte den ganzen Heilsrath

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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 070. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/77&oldid=- (Version vom 1.8.2018)