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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

Leben wird nach dem Sinn geführt, der V. 33. unsers Textcapitels ausgesprochen ist: „Verkaufet, was ihr habt, und gebet Almosen. Machet euch Säckel, die nicht veralten, einen Schatz, der nimmer abnimmt im Himmel, da kein Dieb zukommt und den keine Motten freßen.“ Sie legen alles, was sie haben, droben an, in Gottes Händen, und der gedenkt ihrer Treue im Besten und schüttet dermaleins dafür die Fülle Seiner Verheißungen über sie aus. So brauchen sie der Welt, als die derselben nicht misbrauchen und danken und loben immerdar in der That und Wahrheit Gott und den Vater unsers HErrn JEsu Christi − und gesegnet sei ihr Dank, der das Leben lang währet und dort in ungeahnter Fülle fortgeht.


 So ihr denn, meine Brüder, solches wißet, selig seid ihr, so ihrs thut. Ich weiß, daß nicht eine Aernte ist, wie die andere, daß Gott in einem Jahre viel und im andern wenig gibt. Ich weiß, daß Er dem einen viel und dem andern wenig gibt, und daß an Reichtum und Fülle nicht alle dem reichen Manne zu vergleichen sind. Aber ich weiß auch, daß kein völlig armes Jahr jemals gewesen ist, noch kommen wird. − daß kein Mensch je gestorben ist, noch sterben wird, der nicht über eine gewisse Summe von Gottes Gütern und Gaben gesetzt gewesen wäre, und damit nach dem Sinne JEsu hätte schalten können. So arm ist keiner, daß er nicht mitärntete, mitdanken und mitanwenden könnte und dazu berufen wäre. So weihe denn der Arme mit dem Reichen und der Reiche mit dem Armen die Erdengüter dem Dienste JEsu und freue sich, daß, so lange die Erde steht, geschweige so lange wir hie leben, niemals die Zeit, das Jahr, der Tag kommen wird, wo wir nicht ärnten, von Gott empfangen und Seine himmlischen Güter wieder zu Seinem Preise anwenden könnten. Es befleißige sich ein jeder, alle seine Habe Gott darzubringen, und keiner vergeße, daß also Gottes Güter brauchen das rechte Haben und Besitzen ist. Wer so hat, dem wird nach Matth. 13, 12. gegeben, daß er die Fülle habe. Wer so nicht hat, dem wird genommen, auch das er hat! Amen.




Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/531&oldid=- (Version vom 8.8.2016)