Seite:Wilhelm Löhe - Predigten für die festliche Hälfte des Kirchenjahres.pdf/130

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das sollen die Raben am Bache aushacken und die jungen Adler fressen. Wehe dem Sohne, über welchen ein Vater klagt, oder eine Mutter weint, – derselbe ist schuldig am Leben des Vaters und der Mutter, ist vor Gott ein Vater- und Muttermörder. Hat JEsus, der Sohn Gottes, nicht verachtet, dem irdischen Pflegevater und der irdischen Mutter zu gehorchen, – was kannst du armer, der Erziehung und Zucht so bedürftiger Mensch für Grund haben, nicht zu gehorchen? – Wehe uns, lieben Brüder und Schwestern, die wir diese Schuld auf uns haben, – wehe uns, wenn kein JEsus wäre, der auch diese Sünden versöhnt, auch diese Schuld von uns genommen hätte. O lasset uns, die wir jung sind, miteinander zu unsern Eltern gehen, solange sie leben, und abbitten. – Denn es ist schlimm, wenn man den Vater oder die Mutter muß ins Grab senken sehen und kann nichts mehr besser machen! O lasset uns die Vergebung unserer Eltern suchen – und dann lasset uns zu Christo gehen, dem frommen Sohn, der gehorsam war im dreizehnten Jahre und noch im vierunddreißigsten, da ER am Kreuze hing, für Seine Mutter sorgte, – lasset uns zu Ihm gehen, der uns Vergebung aller, auch der Sünden erworben hat, die wir gegen das vierte Gebot begangen haben, – der Macht empfangen hat, alle unsere Schande zuzudecken. Lasset uns zu Ihm sprechen: Wir haben gesündigt gegen Dein Gebot und heiliges Beispiel, wir sind Sünder, aber Du hast uns Vergebung erworben, vergieb uns auch, was wir an unsern Eltern gethan haben, und gieb uns, o Du Mächtiger und Gnädiger, Deinen guten, gewissen Geist, daß wir unsere Eltern, unsere lieben Eltern, um Deinetwillen herzlich ehren und lieben! Amen.

 O wenn das geschieht, dann werden alle Kinder JEsu nach das Lob tragen, daß sie zunehmen an Alter und Gnade, ja auch an Weisheit, – vor Gott und den Menschen. Denn seine Sünde erkennen, das ist der Anfang der Weisheit, und Gipfel aller Weisheit ist es, sich an der Vergebung der Sünden und dem Geiste begnügen lassen, der in allen Frieden, in alle Wahrheit leitet. Amen.